Back again! Der U-Bahn-Blogger

 Seit gut einem viertel Jahr war ich nicht mehr in München. Ich hab die U-Bahn sehr vermisst. Doch letztes Wochenende war es endlich soweit! Ich bin mal wieder mit der schönen Münchner U-Bahn gefahren. Zum Oktoberfest. Im Cord-Sakko und schnieker Redaktions-Montur bin ich direkt am Hauptbahnhof in die U4 gestiegen, zur Theresien-Wiese.

Stocknüchtern war es kein Zuckerschlecken, das besoffene Geseier all der Lederhosen zu ertragen. Es war noch nicht einmal halb acht und ging schon zu wie im Swingerclub: Zungenküsse, Busen- und Arschgegrabsche. Dazu volkstümliche Ballermann-Gesänge. Aber immerhin noch kein Vomitat, wie der Wissenschaftler sagen würde.

Meine Leute waren schon im Zelt. Zwar waren alle wegen Überfüllung geschlossen, aber ich solle doch durch den Eingang für Reservierungen gehen. Das wurde mir aus dem Zelt ins Handy geschrien. Ich solle doch sagen, dass mich der Vorsitzende der grünen Ratsfraktion, Herr Siefrung Zecklink, eingeladen hat. Wer? Friedmar Senker! Wa? Siewi Zink? Komm hol das Lasso raus, hab ich deutlich verstanden, den Namen, der mir Einlass ermöglichen sollte, nicht.

Am Reservierten-Eingang hab ich mit meinem Sakko dermaßen beeindruckt, dass ich das grüne Code-Wort Siechfrie Schinker gar nicht brauchte. Zum Glück, mir stand schon der Angstschweiß auf der Stirn.

Drinnen ging er in Stallschweiß über. Ich, Sakko, schniekes Oberteil, Rucksack und vor allem: stocknüchtern. Die Masse: hackebreit, stinkend, gröhlend. Einer nahm mich sogeleich in den Arm. Sicher, er stützte sich nicht nur bei mir ab, er mochte mich, aber ich mochte nicht, wie er die Augen verdrehte und sein Adamsapfel würgend auf und nieder tanzte. Bevor er mich ankotzen konnte, entwand ich mich und torkelte gegen die Wand.

Meine Leute waren mir drei maßvoll voraus. Äh, hallo Leute. - Ööööih, Alder! Goooil! Halloooo! Hassu n Lasso mitgebracht? – Äh, sicher.

Es war mittlerweile halb acht, das ganze Zelt stand auf den Bänken. Auf den Tischen war verboten. Hurra, ein Prosit. Aber eine Maß später war mein Elan schon größer, ein Prooosit und zwei weitere Biere war alles gut.

Und auf der Rückfahrt mit der U-Bahn gabs auch Vomitat. Ein Sicherheitsbeamter schirmte eine Hälfte eines Waggoneinganges ab, damit keiner in die Lache tritt. Sie war groß: Eine Hälfte auf dem Bahnsteig, ein bisschen in den Tiefen des Spalts und der Rest im Waggon. Wie peinlich eine solche Aktion in Mitten der dicht gedrängten Masse sein muss... Aber der Kotzer war sicher ausreichend besoffen, um sich nicht einmal daran erinnern zu können.

Die U-Bahn schwankte, so ausgelassen wurde getanzt. Gegrölt wurde natürlich "Komm hol das Lasso raus!" Es war laut, es stank, es war eng und ekelig. Zumindest für das alte Ehepaar, das still und stumm auf ihrer Bank ausharrte und mit einem milden Lächeln auf den Lippen das Gelage beobachtet. Sollten U-Bahn-Blogger werden, die beiden.

Kommentare

cohu am Mi., 10.10.2007 - 11:04

Endlich wieder U-Bahn-Blogger! Bravo!

Thorsten am Mi., 10.10.2007 - 14:33

Und die Moral von der Geschicht? Geh nüchtern auf die Wiesn nicht! (bzw. nicht erst um halb 8 Uhr Abends sondern wie jeder anständige Münchener schon um 12 Uhr Mittags...spätestens!) ;o)

Ich hoffe, der U-Bahn-Blogger ist jetzt wieder öfters in München unterwegs.

Pastor Anke am Mi., 10.10.2007 - 22:04

"Meine Leute waren schon im Zelt. Zwar waren alle wegen Überfüllung geschlossen, aber ich solle doch durch den Eingang für Reservierungen gehen."

Großartige zwei Sätze. Den ersten hört man oft von den Zöglingen des Prekariats.
Der zweite ist in Verbindung mit dem ersten richtig großartig. Leute ist das Substantiv, "alle" bezieht sich im darauf folgenden Satz (grammatikalisch richtig gesehen) auf das Substantiv -- also waren alle seine Leute, wegen Überfüllung geschlossen. Zum Glück bist du Redakteur und kein Sprachlehrer …

Pastor Anke am Mi., 10.10.2007 - 22:04

"Meine Leute waren schon im Zelt. Zwar waren alle wegen Überfüllung geschlossen, aber ich solle doch durch den Eingang für Reservierungen gehen."

Großartige zwei Sätze. Den ersten hört man oft von den Zöglingen des Prekariats.
Der zweite ist in Verbindung mit dem ersten richtig großartig. Leute ist das Substantiv, "alle" bezieht sich im darauf folgenden Satz (grammatikalisch richtig gesehen) auf das Substantiv -- also waren alle seine Leute, wegen Überfüllung geschlossen. Zum Glück bist du Redakteur und kein Sprachlehrer …

Pastor Anke am Mi., 10.10.2007 - 22:05

Netter Bug in der Kommentarsoftware …

Denny am Do., 11.10.2007 - 16:32

@Anke: Die "Kommentarsoftware" hat keinen Bug, man darf nur nicht zweimal aufs Knöpfchen drücken.

@Dennis: Welcome back!

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