U-Bahn: Munich vs. Hamburg

 München ist unschlagbar. Hamburg, meine Perle an der Waterkant (Wasserkante), hat zwar heimatgefühlsbedingt viele Sympathiepunkte auf seiner Seite. Aber was die U-Bahn betrifft ist München vorn.

Nachdem Köln mit seiner U-Bahn (die eigentlich nur eine Untergrund-Tram ist, wie ein aufmerksamer Blog-Kommentator bemerkte) im aktuellen U-Bahn-Contest an seiner vermeintlich innovativen Klapp-Treppe gescheitert ist, fragt sich Muenchenblogger.de nun: Kann die Hanse-Stadt an der Elbe, mit dem hohen Münchener U-Bahn-Standard mithalten?

Wieder fuhr ich für etwa 450 Euro mit dem ICE durch Deutschland, wieder war dank des Service-Giganten Deutsche Bahn eine Eins-Fuffzich-Fahrt in der Hamburger U-Bahn inklusive.

In Hamburg angekommen, dudelte sich Ronald Barnabas Schill in meine Erinnerung. Wie auch abends in München an den Haltestellen Universität und Münchner Freiheit (Bemerkung: An den Wänden steht Münchner Freiheit, an den Schildern zwischen den Gleisen MünchEner Freiheit – geht das nicht einheitlich?), wird auf dem Vorplatz des Hamburger Hauptbahnhofes Klassik gespielt. Aus den Lautsprechern. Barnabas, der alte Stinkstiefel, wollte so die Junkies fernhalten, angeblich verträgt man auf Schore keine Klassik (Erfahrungsaustausch und Diskussion bitte im Kommentar). Trotzdem trieb sich viel Pöbel und Gesocks (gibt’s die Band eigentlich noch?) herum. Ungleich mehr als in den schmutzigsten Ecken Münchens.

Nun zur eigentlichen U-Bahn: Die Station war etwas verlottert, alte Substanz, es wurde länger nicht mehr gewischt (in München passiert das ja angeblich in jeder Station in jeder Nacht) es gab einen schmalen, ranzigen Kiosk mit Hot-Dogs im Angebot. Ganz sympathisch also.

Die Anzeigetafeln allerdings waren mit den himmelblau leuchtenden Digital-Wundern aus München nicht zu vergleichen. Einfarbig zeigten sie in verrauchtem Gelb mit einer Auflösung von etwa einem Kilopixel an: „Bitte achten sie auf die Beschilderung des Zuges“.

Dann kam die U-Bahn angepoltert. Wie eine Vergrößerung aus Playmobil-Hausen (oder wie heißt das Gegenstück zu Legoland?) sah sie aus. Sie schien nur aus Plastik zu bestehen: Plastik-Flanken, Plastik-Fenster, Plastik-Räder. Schon gut, die Räder waren aus Eisen.
Auch das Interieur war plastik-dominiert. Die Sitzbänke: Plastik-Ergüsse, auf die kleine Kissen geklebt waren. Sicher, auch in der Münchener U-Bahn gibt es viel des Wundermaterials, aber da ist es irgendwie dezenter verarbeitet, beispielsweise mit Holztapete beklebt.

Was mir in der Hamburger U-Bahn wirklich die Augen bluten ließ, war die Farbkombination der Plastik-Haltestangen: milkös helllila waren die kleinen Halteohren, die oben an den Sitzlehnen abstanden, ebenso die zentrale Haltestange im Eingangsbereich. Doch die waagerechten Haltestangen an den Türen und unter der Decke waren unerhört pink. Die beiden Farben durchzogen als ein sich gegenseitig zerfleischendes Duett den gesamten Waggon. Sie bissen sich und schrieen sich an, dass mir ganz übel wurde.

Gerade noch rechtzeitig fand ich Ablenkung: Filmchen auf Flatscreens, die mich das Elend der Anzeigetafeln in den Stationen vergessen ließen. Etwa vier der knuffig rund designten Dinger hingen im Wageninnern. Sicher, ab und an gab es Werbung, aber auch so tolle Dinge wie die aktuellen Wetterdaten (aus dem Fenster gucken bringt in der U-Bahn ja nichts), Cartoons, und Veranstaltungstipps. Das Programm fesselte mich dermaßen, dass ich vergaß, rechtzeitig auszusteigen.

Und so hatte Hamburg am Ende - die U-Bahn betreffend – doch noch so richtig verkackt.

Kommentare

Simon am Mi., 15.11.2006 - 07:49

Ich glaube "Pöbel und Gesocks" gibt es noch. Haben vor nem knappen Jahr noch auf ner Party von nem Kumpel gespielt...

Felix am Mi., 15.11.2006 - 19:50

Hab heute extra aufgepasst und sehe sowohl an den Wänden als auch zwischen den Gleisen Münchener Freiheit...

FloSch am Do., 16.11.2006 - 19:46

Die Tafeln auf den Bahnsteigen wurden Anfang des Jahres neu gestrichen und mit neuen Buchstaben beklebt, dort kam die Schreibweise ohne e schon zum Einsatz. Alle anderen Beschriftungen sind noch von 1971 und wurden bisher noch nie erneuert, daher dort noch mit e.

Felix am Sa., 18.11.2006 - 00:44

Ja, ich korrigiere mich. Hab heut noch viel mehr aufgepasst und es nun gesehen. Ohne e stehts auf den Bahnsteigschildern, mit e auf Wänden und den Zwischenbanden.

Burhan am So., 16.03.2008 - 00:58

Für mich ist erstmal die Beliner U-bahn die beste, gefolgt von Hamburg und Wien. München geht grad noch so, weil handy nicht funktioniert, die sind da wohl zu dumm das einzubauen.

Schürzenjäger am So., 16.03.2008 - 18:32

Die sind nicht zu dumm das einzubauen. Das Angebot der Mobilfunkbetreiber steht sogar, das gesamte UBahnnetz auf eigene Kosten mobilfunkttauglich zu machen. Die Stadtverwaltung stellt sich bislang aber quer.

Chris am So., 23.08.2015 - 00:28

Jahre später bin ich über diesen Artikel gestolpert und konnte nicht glauben, wie die Hamburger U-Bahn dargestellt wird. Zugegeben, ich bin erst seit 2013 in Hamburg, und natürlich gab es 2006 noch keine U4 und ganz sicher noch keine neuen DT5-Züge. Aber auch die älteren DT4 passen nicht auf die oben genannte Beschreibung. Wenn ich am Hauptbahnhof bin (ja, Klassik wird immer noch gespielt) und die Rolltreppe an der U-Bahn Station Hauptbahnhof Nord zur U2/U4 hinab fahre, dann ist meistens alles sauber - es wird mehrmals täglich gewischt. Es verkehren DT4 Züge - ebenso an der U1. Lediglich an der U3 findet man gemixt mit den neuen DT5 Zügen noch alte DT3 oder bei größeren Anlassen zur Verstärkung evtl. sogar noch uralt DT2 Züge - beide rumpeln beträchtlich und man sieht ihnen ihr Alter an. Theoretisch ersetzt monatlich ein neuer DT5-Zug einen alten. Auch die anderen U-Bahn Stationen, Jungfernstieg, Berliner Tor, Schlump, Gänsemarkt, Messehallen, ... allesamt sauber, modernisiert und barrierefrei. Natürlich gibt es auch Gegenbeispiele - bei teilweise über 100 Jahre alten U-Bahn Stationen bleibt das nicht aus (Klosterstern, eine der ältesten Stationen im Netz, dennoch zwischenzeitlich modernisiert). Mobilfunk überall, selbst LTE...

Das einzige, was ich bemängeln würde ist, dass es noch zu viele weiße Flecken in der Stadt gibt, die weder von S-Bahn noch von U-Bahn bedient werden (ich mag keine Busse). Die Erweiterung der U4, sowie die geplante U5 dürften hier Abhilfe schaffen.

mao am So., 13.09.2015 - 17:59

und, nicht zu vergessen: im hvv gilt alkoholverbot - während es in münchen ziemlich nerven kann wenn in der u-bahn gesoffen wird als wäre es eine kneipe...

Susi am So., 20.09.2015 - 20:05

In München gilt inzwischen auch Alkoholverbot. Am letzten Tag davor haben ein paar Spinner mit ner Abschiedsparty gezeigt dass es überfällig war.
Leider wird das Alkoholverbot nicht durchgesetzt. Da wird zur Wiesn wieder vorgeglüht....

mao am So., 27.09.2015 - 12:51

tatsächlich..., wird aber auch überhaupt nicht kommunuziert. wohl kein platz mehr für hinweise, da alles mit werbung (u.a wiederum für alkohol) vollgeplastert ist...

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