Immobilie an der Glockenbachwerkstatt

Kampf um den Bolzplatz

Ein weiteres Beispiel für den Münchner Immobilienirrsinn oder übertriebener Aktionismus? Tausende Münchner und die Sportfreunde Stiller kämpfen um den Erhalt des Bolzplatzes an der Glockenbachwerkstatt.

Das Kunstprojekt Goldgrund hat bereits eine fiktive Anzeige geschaltet: "Seit Jahren ließ die Stadt ein wertvolles Grundstück an der Glockenbachwerkstatt brachliegen. Kinder bolzten sinnlos darauf herum. Der Steuerzahler musste die Zeche zahlen. Doch damit ist jetzt Schluss! Unsere sinnvolle Nachverdichtung schöpft neue Werte im von der Immobilenbranche hart umkämpften Gärtnerplatzviertel."

Ganz so schlimm wird es nicht. Auf dem Gelände neben der Glockenbachwerkstatt in der Müllerstraße 2-6 sollen keine Luxus-, sondern Sozialwohnungen entstehen. Widerstand dagegen regt sich dennoch in München.

Eine Online-Petition wurde gestartet
. Mehr als 2500 Münchner haben bereits unterschrieben. In dem Aufruf heißt es: "Mit der geplanten Bebauung der Müllerstraße 2-6 würde eine der letzten Freispielflächen für Kinder und Jugendliche in der Münchner Innenstadt verschwinden. Wir fordern den Erhalt des auf diesem Areal befindlichen Bolzplatzes, der seit über 30 Jahren vom Bürgerhaus Glockenbachwerkstatt betreut und genutzt wird."

Auch die Sportfreunde Stiller haben sich eingeschaltet, Sänger Peter Brugger probte mit Kindern in der Glockenbachwerkstatt das Lied "Unser Freund ist aus Leder". Kommende Woche soll es aufgeführt werden.

Ein neuer Beispielfall für den immer irrwitziger werdenden Münchner Immobilienmarkt?

Bürgermeisterin Christine Strobl sieht das anders. Auf ihrer Facebook-Seite schreibt sie - merklich wütend: "Klarstellung Bolzplatz Glockenbachwerkstatt: Das Grundstück Müllerstraße 2 - 6 wird selbstverständlich nicht verkauft! (s. auch diverse Stadtratsbeschlüsse!) Gebaut werden dort - auch auf Anregung des Sozialreferates - ca. 20 Sozialwohnungen und zwar genau aus dem Grund, dass die Stadt dort eben KEINE Luxuswohnungen haben möchte. Auch Geringverdiener müssen die Möglichkeit haben, in der Innenstadt wohnen zu können. Dies haben wir auch in der Müllerstraße 43 bereits praktiziert. Dies zu dem Gerücht, das derzeit im Internet kursiert, die Stadt würde das Grundstück meistbietend verkaufen."

Und ein Kommentator schreibt unter den Beitrag der Bürgermeisterin: "Ich wohne seit 2007 in unmittelbarer Nachbarschaft, komme meist mehrfach täglich an dem Platz vorbei. Egal zu welcher Jahreszeit: ich hab noch nie jemand dort den Platz nutzen sehen."

Fest steht. Die Fronten sind erhärtet. Der Kampf geht weiter. Am Montag demonstrieren ab 15.30 Uhr Kinder und ihre Eltern bei einem "FrechMob", am Dienstag werden Fußballlieder angestimmt und Fußballgeschichten erzählt - mit den Sportfreunden Stiller und Blumentopf.

Kommentare

Till Hofmann am Sa., 13.10.2012 - 21:30

Liebe Frau Strobl, wir sind alle dafür, dass dort Wohnungen bleiben, die erschwinglich sind. Meines Erachtens könnten die bestehenden Häuser wunderbar mit nicht viel Geld renoviert werden, ohne dass man neu bauen müsste, geschweige denn den Bolzplatz, der lebenswichtig für die Glockenbachwerkstatt ist, zu bebeauen. Geben Sie sich doch einen Ruck und setzen Sie einen neuen Wettbewerb durch, die Häuser zu planen, nämlich mit dem Bolzplatz an gleicher Stelle. Kommen Sie doch zur Kinderdemo am Montag, Paul Breitner kommt auch. Oder kommen Sie am Dienstag zum Boltzplatz, wo die Sportfreunde Stiller, Flo von Blumentopf, Dieter Hildebrandt und andere vorlesen und musizieren werden. Viele Grüße, Till Hofmann

dorfkramer am Mo., 15.10.2012 - 16:00

Wir schreiben das Jahr 2012 und nicht 1955. Es gibt schon für Kleinkinder Fussballplätze en Masse und niemand muss mehr auf den Bolzplatz oder gar in der Straße kicken.
Da stecken sicher andere Interessen dahinter. Bin gespannt, wer sich die sogenannten Sozialwohnungen krallt; das sind meistens Leute aus dem Stadtklüngel, die sich arm rechnen können, damit sie ins Förderschema irgendwie reinpassen.
Gearscht sind die Leute, die sich hochbuckeln, sparen wie die Irren und sich dann eine Eigentumswohnung kaufen.
Der Bolzplatz ist nur vorgeschoben. Man nimmt immer Schwache, um eine moralische Basis für schlichte eigene Interessen zu kommunizieren.
Die Sache stinkt genauso wie die Konstantin Wecker Aktionen bei der Sieben und den "Urbanauten".

Florian Roth am Mo., 15.10.2012 - 16:50

Grün-rosa Stadtratsfraktion für Erhalt des Glockenbach-"Bolzplatzes":
http://www.gruene-muenchen-stadtrat.de/seiten/texte/presse_htm/P12/pm%201212/pm121015.html

mao am Di., 16.10.2012 - 18:42

sollen sie halt den leuten vom glockenbachwerkstatt e.v die wohnungen geben, dann ist gleich ruhe...

dorfkramer am Di., 16.10.2012 - 20:03

Richtig mao, nachdem sich heute die Medien geradezu überschlagen ist klar, dass die Betreiber der Glockenbachwerkstatt halt noch städtisch subventioniert weiter machen wollen und die Bühne bleiben soll.
Alles legitim, aber dass man da nicht vorhandene, nicht fussballspielende Kinder vorschieben muss ist schlichtweg wieder mal typisch deutsches kotz-lobbying.
Das Bürgertum ist halt nicht in der Lage, nüchtern und sachlich zu sagen: Wir wollen unsere Ruhe und Kohle.
Nein, man braucht den Juchtenkäfer, Kinder. Omas, Behinderte usw., die man sich nur deswegen in der Nähe hält, um sie bei Bedarf politisch aus dem Hut zu zaubern.
Würg.

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