Werther mit Luftgitarre - der Auftakt zum Radikal-jung-Festival

Der Andrang zum Auftakt des Radikal-Jung-Festivals am Volkstheater war gestern so groß, dass Intendant Christian Stückl persönlich einen letzten Gast, der keine Karten mehr bekommen hatte, einschleuste und für diesen einen freien Platz ausspähte. Stückl selbst nahm dann auf den Treppenstufen Platz.

Es wurde gespielt: "Die Leiden des jungen Werther" von Goethe. Der Werther des 28-jährigen Regisseurs Florian Fiedler ist dabei eine Mischung aus enttäuschtem Liebhaber und Kurt Cobain. Die Freiheit glaubt dieser Werther anfangs noch in der Punkmusik zu finden, am Ende nirgends mehr. Werther (Daniel Christensen), seine Angebetete Lotte (Ruth Marie Kröger), deren Mann Albert (Matthias Max Herrmann) und ein Schlagzeuger im Grunge-Look (Philipp Danzeisen) spielen immer wieder Nirvana-Songs. Neben der Luftgitarre ist eine Melodika das Lieblingsinstrument dieser Werther-Version.

Werther Radikal jung Muenchner Volkstheater

Sie unterhalten sich mal über John Lennon, mal über Workshops. "Atomkraft? Nein Danke!" ist in großen Kreidebuchstaben auf der Bühne zu lesen. (Interessanterweise wird das Radikal jung-Festival vom Energiekonzern E.on geponsert).

Zwischendurch immer wieder Nirvana: Die glücklichen Lotte und Albert singen "I'm so happy 'cause today I've found my friends, They're in my head", der unglückliche Werther dagegen "I'm so ugly, but that's okay, 'cause so are you". Werther und Cobain als Seelenverwandte? Doch dann singt Lotte plötzlich “Ich will doch nur spielen” von Annett Louisan. Hier hätten die Kurt-Cobain-Fans im Publikum wohl am liebsten die Flucht ergriffen.

Das Publikum kann nach jeder Radikal-Jung-Vorstellung abstimmen, wie ihnen die Inszenierung gefallen hat. Dies ist das Kriterium für den Publikumspreis. Gestern Abend landeten am Ende der Vorstellung die meisten der abgegebenen Stimmen im Kasten "Die Inszenierung war sehr gut".

Ob es heute Abend so weitergeht? Um 19:30 Uhr gibt es "Früchte des Nichts" von Ferdinand Bruckner in einer Inszenierung von Roger Vontobel zu sehen. Unbedingt rechtzeitig da sein. Wer weiß, ob Stückl wieder so freundlich ist.

Kommentare

Neuen Kommentar hinzufügen
Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.