Diskussion über Gentrifizierung

Nicht auch noch das Westend?!

Wie lange können wir uns unser Viertel noch leisten? Über die schleichende Gentrifizierung im Westend diskutieren Bewohner, Künstler, Stadtplaner und Kneipenbesitzer.
Der Messeplatz mit seinen Glasfassaden, Büros und Shoppingmöglichkeiten gibt dem Westend ein neues Gesicht. (Foto: Lisa Sonnabend)
Der Messeplatz mit seinen Glasfassaden, Büros und Shoppingmöglichkeiten gibt dem Westend ein neues Gesicht. (Foto: Lisa Sonnabend)

Das Glockenbachviertel hat vorgemacht, was mit einem Viertel passiert, wenn Luxussanierer am Werk sind und den Ruf eines Szenviertels völlig umkrempeln. Welches Viertel ist nun als nächstes dran? Untergiesing? Oder das Westend?

Eine Diskussionsrunde vom Zündfunk beschäftigt sich am Donnerstag mit den Veränderungen im Westend: "Nicht auch noch das Westend! - Wie lange können wir uns unser Viertel noch leisten?" Im Bavaria-Saal des Kongressgartens, Theresienhöhe 15, sprechen ab 20 Uhr Bewohner, Künstler und Kneipenbesitzer über ihr Viertel.

In der Pressemitteilung heißt es: "Die Mieten steigen, Yuppies kommen, die alten Bewohner können sich die Wohnungen nicht mehr leisten und verlassen das Viertel - der türkische Gemüsehändler ebenso, wie die Oma, die seit den 50ern über der Eckkneipe wohnt. Was die einen als Aufwertung verstehen, lehnen die anderen als Geschäftemacherei ab."

Der Eintritt ist frei.

Kommentare

Mark am Di., 07.09.2010 - 12:56

München leidet schon seit Jahren an Luxus-Verslumung. Diese Immobilien-Investor-Pest ist nicht aufzuhalten - und was treibt die Stadt eigentlich? Nichts! Herr Ude geriert sich immer als Bürger-Anwalt, lässt aber Spekulanten in der Innenstadt freie Hand. Das Glockenbach ist schon kaputt - jetzt geht es Giesing und dem Westend an den Kragen. Leute, wehrt euch dagegen, bevor es zu spät ist!!!

PS.: Abwertungskit hilft:
http://www.esregnetkaviar.de/relaunch/abwertungskit.html

Mapaed am Di., 07.09.2010 - 19:08

Verstehe einer das "linke Spektrum" - einerseits fordern aktuell die allermeisten Gewerkschaften einen größeren Anteil an den Gewinnen der Firmen und nicht nur einen Inflationsausgleich.

Andererseits sollen Immobilieneigentümer keinesfalls die Mieten erhöhen dürfen - auch nicht zum Inflationsausgleich.

Die Eigentümer sollen auch nicht ihre Wohnungen auf einen aktuellen Stand bringen / renovieren dürfen - weil das ja Gründe für Mieterhöhungen sind.

Eine Renovierung kann ja auch eine energetische Sanierung (aka bessere Wärmedämmung) sein - die ja auch ein Grund für eine höhere Miete sein darf ...

Irgendwie passen da die Argumentationen nicht zusammen ...

marc am Di., 07.09.2010 - 19:22

naja, ein teil der argumente passt schon zusammen... weil die grünen die alles sanieren und energieblabla wollen ja eben keine linke mehr sind - sondern spießbürger...

pfff am Mi., 08.09.2010 - 17:49

Na, das passt doch ganz gut, dass man sich ausgerechnet im neuen Kongressgarten trifft.

Wenn es nicht so traurig wär, könnt man fast schon wieder lachen.

Wenn manche das "alte Westend" so toll finden, warum geht man dann nicht in den Augustiner oder ins Stragula?

Sind halt nicht cool genug, gell?

Wesley am Do., 09.09.2010 - 15:19

@mapaed
Ziemlicher Unsinn, den du da im Bezug auf Gewerkschaftforderungen redest. Deutschland hat mittlerweile mit Abstand die niedrigste Lohnentwicklung in der EU.

Und kein Mensch hat etwas gegen berechtigte Mieterhöhungen, solange sie mit höheren Kosten des Vermieters einhergehen. Es geht hier um die grassierende Immobilienspekulation, die Umwandlung ganzer Stadtviertel in Ghettos für Besserverdienende (die ihre Kohle jetzt aufgrund der Finanzkrise rechtzeitig in Betongold investieren). In der Müllerstr werden derzeit viele intakte Häuser abgerissen, um hier Luxus-Anwesen zu errichten - das greift vom Glockenbach derzeit mit Wucht auf andere Stadtteile über. Bei der Verdrängung der alten Mieter geht man im wahrsten Sinne über Leichen - es gab hier einige Selbstmorde, über die nur vereinzelt in den Medien berichtet wurde.

hmmm.... am Do., 09.09.2010 - 16:25

"das greift vom Glockenbach derzeit mit Wucht auf andere Stadtteile über"

also ich merk davon nichts...welche anderen Beispiele gibts denn noch?

Mapaed am Fr., 10.09.2010 - 03:18

@Wesley:

Als undifferenzierte Antwort auf die "niedrigsten Lohnforderungen in der EU" - fordert die IG Metall denn aktuell 6 Prozent oder nicht?

Von und für Unternehmen die ihren Geschäftsbetrieb nur mit großen Anstrengungen aufrecht erhalten konnten?
Und damit meine ich nicht (nur) die größeren Firmen wie Scheffler/Conti die (wie die Banken) als "systemrelevant" bezeichnet wurden (und es teilweise waren/sind).

Sondern damit meine ich die Mittelständler die (z.B. im Automotive-Bereich) von den OEMs (Autohersteller) schon VOR der Krise im Preis für ihre Produkte schon so weit gedrückt waren dass jegliche "Veränderung" in der Kundenbeziehung nahe an der Existenzbedrohung war.

Und - für diejenigen die die "Krise" überlebt haben - auch immer noch ist.

Ich spreche von Firmen die die Kurzarbeit dafür genutzt haben eben ihre Mitarbeiter zu halten - natürlich zu "ungerechten" Konditionen ...

Wo die Mitarbeiter den berechtigten Drang haben die "ungerechte" Phase der niedrigeren Löhne "ausgeglichen" zu bekommen.

Das ist die Forderung der IG Metall.
Aktuell.

Dass die Firmen - im Automotive (nicht nur) - für die "soziale Gerechtigkeit der Beschäftigungssicherung" (und der absehbaren Kosten für HR für die Wiedereinstellung der eventuell entlassenen) Vorsorge getroffen haben - indem die Kurzarbeit "durchgehalten" wurden.
Das ist Resultat.
Glücklicherweise.

Als "plakative Forderung" da von den Firmen gleich wieder - bei besserer Ertragslage - die Erhöhung der Arbeitskosten zu fordern ...
Das ist die Rolle der Gewerkschaften. In der aktuell kommunizierten Art und Weise ...

Nur - wodurch wird denn die Konkurrenzfähigkeit der jeweiligen Firmen bestimmt?
Gerade wenn es darum geht Investitionen für Optimierungen und Forschung und Entwicklung zu ermöglichen?

Ein Arbeit- oder Auftraggeber steht schlicht und ergreifend immer vor der Herausforderung die Produkte konkurrenzfähig zu halten.
Also Stichwort "Wertschöpfung" und die Qualität derselben.

Die letztendlich die Perspektive bestimmen - des "Kapitalisten" (und seiner Arbeiter)...

Und zum Abschluss noch ne Frage - wie viele Gebäude wurden/werden denn gerade in der Müllerstrasse abgerissen / renoviert?

So spontan erinnere ich mich zwischen Sendlinger Tor und Fraunhoferstrasse an das ex-Schlafzimmer-Stephan-Gebäude - nun z.B. Glockenbach-Location und das "an sich Basic-Biomarktund..." Gebäude neben dem Bau" ...

Das als Versuch einer sachlichen Diskussion ...

Überzeugungen sind ... vorhanden.

AssiBonze am Sa., 11.09.2010 - 21:04

Die Bildung von WG`s wäre eine Möglichkeit für alteingessesene Mieter einem Umzug wegen Steigenden Mieten entgegenzuwirken .
Berechtigte Mietkürzungen wegen Baulärm bzw. Einschränkung der Mietqualität wärend der Umbaumassnahmen wäre eine weitere Möglichkeit um Wiederstand zu demonstrieren. Und übrigens gibt es in München auch Wohnungsbau-Genossenschaften mit preiswerten Wohnungen .
Und ein asozialer Spekulant hat bestimmt auch Kosten ,denn so ein Bodyguard ist nun mal nich umsonst .

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