Das Wohnzimmer der Stars

Es ist ein Dokument aus einer anderen Zeit. Wer heute den Alten Simpl in der Türkenstraße betritt, trifft auf Sudierende, die Bier trinken oder Schnitzel essen. Früher dagegen war der Simpl das In-Lokal der Stadt. Stars wie Duke Ellington, Robert de Niro oder Brigitte Bardot schauten hier vorbei. Franz Josef Strauß, Bernd Eichinger oder Rudi Carrell kamen fast jede Woche.
1903 war der Simpl von Kathi Kobus eröffnet worden. In den vierzigern und fünzigern Jahren hatte er wechselnde Besitzer. 1960 wurde dann Toni Netzle Wirtin im Alten Simpl - und machte den Simpl wieder zu einem In-Lokal. Nun hat sie - kurz vor ihrem 80. Geburtstag - ein Buch über ihre 32 Jahre im Simpl geschrieben: "Mein Alter Simpl", eben erschienen im Hirschkäfer Verlag, 24,90 Euro.
Darin hat Netzle zahlreiche Anekdoten aus dem Simpl zusammengetragen. Sie beschreibt, wie sie Robert de Niro für einen Penner gehalten hat und beinahe rausgeworfen hätte, wie Bernd Eichinger mit 300 Gästen seinen 30. Geburtstag feiern wollte, aber leider ohnmächtig wurde und abtransportiert wurde, oder wie ein Journalist mit seiner jungen Geliebte mitten im Simpl auf dem Boden ein Kind zeugte. Immer wieder tauchen alte Bekannte auf: Franz Josef Strauß (der jahrelang hier Hausverbot gehabt hatte), Udo Lindenberg (der von Netzle rausgeworfen wurde, weil er auf Rollschuhen einfuhr), Rudi Carrell (der im Fasching 60 Kinder bespaßte).
Das Buch liest sich kurzweilig, man kann kaum glauben, was damals in der Türkenstraße abging. Heute erscheint der Simpl dagegen langweilig. Oder wie Toni Netzle sagt: "Das ist ein Kommerzladen geworden, total ausgerichtet auf Geld. Dem Wirt ist das wichtigste, dass die Kasse stimmt. Das war für mich dummerweise das Unwichtigste."