Ich saß auf einem stinknormalen Vierer zusammen mit drei Menschen weiblichen Geschlechts. Plötzlich roch ich den Zipfel eines Furzes. Ich konnte ihm kurz entrinnen, indem ich meinen Kopf zurückzog, doch der Bläh kroch mir nach. Er konnte sich also nicht von hinten angeschlichen haben, er musste aus unserer Vierer-Mitte gekommen sein. „Unmöglich!“, dachte ich naiv, „Furzen ist doch Männersache! Frauen machen das doch nur in Form von Punker-Bräuten, die ihren Anarcho-Jungs imponieren wollen, oder?“
Doch ausgerechnet in einem so öffentlichen Raum wie der U-Bahn Linie 6 Garching - Großhadern wurde meine Illusion der furz-freien Frau erstickt. Welche Frau kann so dreist sein, in der U-Bahn einen fahren zu lassen? Meine drei Mitsitzerinnen waren: ein altes Großmütterchen, eine Öko-Esoterikerin und junge Dame in der Blüte ihrer Weiblichkeit.
Der Furz breitete sich langsam aus und hing zäh in der Luft. Die junge Dame runzelte ihre Nüstern, schnaubte die aromatisierte Luft wieder aus und blickte mich an. Mich und nur mich. War ja klar, der Mann muss es gewesen sein. Aber ich war´s nicht, das wüßte ich doch, ich bin doch nicht taub am Anus! Dieser Blick, so angewidert und voller Verachtung!
Mir blieb nichts anderes übrig, als böse zurückzugucken und mir demonstrativ den Pullover über die Nase zu ziehen. Furzen in der Öffentlichkeit ist schließlich in unserer Gesellschaft noch immer ein Tabu. Aber wie gerne hätte ich einfach gesagt: „Ich war´s nicht!“ Die drei Frauen hätten genau gewußt, was gemeint ist, und eine von ihnen wäre bestimmt rot angelaufen.
Nur das Großmütterchen wohl nicht. Sie saß nur da, in den Augen der müde Blick eines Menschen, der das hektische Heute nicht verstehen kann und den die Bilanz seines mittlerweile mehr als 80 Jahre dauernden Lebens mehr verwirrt als erleuchtet. Auch weil der gnadenlose körperliche Verfall bei ihren Synapsen keine Ausnahme gemacht hatte. Aus der Reglosigkeit des Großmütterchen jedenfalls schloss ich, dass sie geruchstaub war, unter Anosmie litt.
Nun ja, in diesem Fall konnte sie sich glücklich schätzen. Denn der Furz war nicht von schlechten Eltern: Rustikal, mit der schweren Note von Ei, dadurch leicht beissend-schweflig und heiß im Abgang. (Ein alter Freund von mir sammelte in seiner Jugend Fürze in Tüten. Auf den Tüten stand auf kleinen Etiketten, was er vor der Ernte gegessen hatte: „Rührei mit Speck“, „Zwiebelkuchen“ oder „Whopper nach Besäufnis“. Er war Meister im Beschreiben der Aromen.) Gehört hatte ich den Furz nicht – die Amis würden ihn s.b.d. nennen, silent but deadly.
War es die Öko-Esoterikerin? Sie saß mir entspannt gegenüber und hatte die Hände so auf dem Schoß gefaltet, wie man sie faltet, wenn man für jemanden Räuberleiter macht. Sie atmete gleichmäßig und sogar in tiefen Zügen. Erlaubte ihr die eigene Spiritualität etwa, auch die olfaktorischen Häßlichkeiten der Natur zu genießen? Das wäre zuviel der Einigkeit mit der Natur, schließlich hat der Gestank von Fürzen einen evolutiven Sinn: „Bleib weg, dieser Mensch ist ungesund und kein optimaler Fortpflanzungspartner!“, sagt da der Instinkt.
Ich vermutete, es war die aufgeblühte Dame. Doch nach Rosen roch es nicht. Und immer noch blickte sie angeekelt an mir auf und ab – so übertrieben, das es verdächtig nach einer offensiven Furz-Zuweisung zur Ablenkung von der eigenen Schuld aussah.
Als ich ausstieg, sagte ich zu ihr: „Welch intensiven Duft sie da verströmen, ist das Chanel?“. „Äh?!“, stotterte sie wortlos und die Röte schoss ihr ins Gesicht.
Kommentare
Und ich dachte nach der
Und ich dachte nach der Detektivgeschichte schon, es ginge für den U-Bahn-Blog nicht mehr tiefer hinein ins Kabinett der kindischen, ekligen, witzlosen, uninteressanten und stumpfen Banalitäten. Hab ich mich wohl getäuscht...
Immerhin bietet der Autor
Immerhin bietet der Autor seine "Wohlklingende Texte aller Art" feil und sucht nach Textaufträgen.
Und solche Texte, wie dieser hier, machen sich als Referenz doch immer gut.
Na wenigstens sind wir von
Na wenigstens sind wir von Themen wie Mord, Vergewaltigung und "Party-Piecksern", bezüglich derer sich nur einige ausgewählte, wenngleich auch psychisch kranke Individuen mit persönlicher Erfahrung rühmen können, nun zu einem Thema gekommen mit dem wir uns alle täglich konfrontiert sehen.
Wer hat denn noch nie Fürze in Tüten gesammelt oder versucht, sich durch exzessives Tai-Chi immun gegen die "olfaktorischen Häßlichkeiten der Natur" zu meditieren?
Ich auf jeden Fall werde mich, sobald ich mich mit jeglicherlei Texten in der Öffentlichkeit präsentieren muss, den Autor dieses Blogs beauftragen. Denn das ist eine Investition in die Zukunft!
Weitere, besonders eklige
Weitere, besonders eklige Themenvorschläge:
Extrem-Nasenbohren
Sex mit Tieren
Malen mit Menstruationsblut
...und das alles beobachtet von unserem Dennis, natürlich in der Münchner U-Bahn!
Cohu wartet :-)
Unsägliches verbalisieren -
Unsägliches verbalisieren - UB-Dennis ist auch damit Avantgarde in der Weltliteratur. Schon Andy Warhol konnte solcherart geschärften Sinnes die Menschheit ganz schlicht aus dem demonstrativen Alltag heraus erklären. Deshalb ist man mit unserer U immer so hellwach am Ziel, Segen der Großstadt.
Hach, herrlich. Ja, wir Männer sollen's immer gewesen ein. Aber es wimmelt nur so von Gegenbeispielen bei YouTube.