Mariettas Zauber ist verflogen

Im Mylord - dem Plüschlokal von Marietta in der Ickstattstraße - feierten Freddie Mercury, Franz Josef Strauß und Transvestiten einst rauschende Feste. Doch in manchen Momenten wehte auch in den vergangenen Jahren der Zauber von früher.
Zum Beispiel dann, wenn Marietta kurz in dem Raum hinter der Bar verschwand, ein Gästebuch holte, es aufschlug und zu erzählen begann. Darin abgebildet und verewigt: Schauspieler Fritz Wepper und Siegfried Lowitz, Sänger Freddie Mercury, Klatschreporter Michael Graeter oder Travestiestar Mary. Sie alle sind im Mylord ein- und ausgegangen.
Bei vielen hat Marietta neben die Gästebucheinträge die Todesanzeige geheftet. Die meisten sind jung gestorben. Zum Beispiel eine junge Frau auf einem der Fotos, die im Mylord steht und ein Getränk in der Hand hält. Sie war Callgirl. Eines Tages wurde sie ermordet.
Den Regisseur Rainer Werner Fassbinder ließ Marietta nur hinein, wenn er sich nicht mit Drogen vollgepumpt hatte. Franz Josef Strauß war oft da und schaute die hübschen Mädchen an. Und auch Hildegard Kneef und Inge Meysel kamen hierher. "Es war wie Hollywood bei uns", hat Marietta einmal gesagt. Und das hat wohl auch gestimmt.
Vor 45 Jahren eröffnete Marietta das Mylord. Als Balletttänzerin war Marietta um die Welt gereist, wegen der Liebe blieb sie in München hängen. Ein Glück für Münchens Ausgehszene damals. Erst lag das Mylord in der Sternstraße im Lehel, nach ein paar Jahren folgte der Umzug ins Gärtnerplatzviertel. Die Stammgäste kamen mit, das Lokal war jeden Tag voll, der Ruf des Lokals in den Sechzigern berüchtigt.
Um die Tische standen Plüschsofas und Stühle im englischen Landhausstil. An der Wand hingen Fotos von Gästen und Gemälde, die im Laufe der Jahre befreundete Künstler für Marietta gemalt haben. Darauf waren nackte Frauen oder Transvestiten auf der Bühne.
In einer Ecke des Raumes lagerten Kleidungsstücke, alte Bücher und ein kleiner Globus. "Flohmarkt" stand auf einem Pappschild geschrieben. Jeder Gast wurde von Marietta praktisch gezwungen, sich vor dem Nachhausegehen auf ihrem Flohmarkt umzusehen.
Nun sind die Türen geschlossen, die Plüschsofas, der Flohmarkt, die Fotos der Tänzerinnen sind weggeschafft. Eine Nachbarin sagt, Marietta haben aus finanziellen Gründen zugemacht. Die Gäste seien einfach ausgeblieben in den vergangenen Monaten.
Der spezielle Zauber, der auch heute noch manchmal hier wehte, wird München fehlen. Sehr sogar.
Kommentare
ich hab leider eine extrem
ich hab leider eine extrem fade geschichte im mylord erlebt. wir waren zu zehnt und neun leute haben getränke bestellt, eine wollte nichts, da wir ohnehin nicht lange bleiben wollten. da meinte die doch tatsächlich: entweder trinken hier alle was, oder keiner... wir sind dann alle gegangen. frechheit.
sollte das x-cess einziehen gibts sicher bald anwohnerbeschwerden...
x-cess bleibt nicht im
x-cess bleibt nicht im glockenbach wurde mehrmals betont, also keine sorge...
...dabei zieht doch das
...dabei zieht doch das glockenbach wie es einst mal war gerade weg :)
und schwabing zieht ein...
und schwabing zieht ein...
die frage bleibt: wo ziehts
die frage bleibt: wo ziehts hin? nichts enthaftes in sicht...
Irgendein weiterer
Irgendein weiterer pseudohipper Schuppen wird sich in das ehemalige Mylord schon einnisten und noch eine weitere überflüssige Partylocation in unserem Viertel erschaffen. Oder noch ein Café vielleicht? Davon gibt´s ja im Glockenbach noch nicht genug - oder?
Sicherlich planen schon die
Sicherlich planen schon die Innenarchitekten etwas ganz unglaublich tolles, etwas noch nie dagewesenes. Sie sind um den Globus geflogen, um sich inspirieren zu lassen. Finanziert von einem Investor, dessen Sohn der Kneipenwirt (bzw. Party-Location-Owner) sein wird, werden wir einen neuen Zufluchtsort finden, nachdem wir orientierungslos am Xcess vorbeiliefen. Jedoch wird es einen Türsteher geben, der nicht "Psssssst" sagt, sondern "Sorry...iss voll".
meine stimmung nähert sich
meine stimmung nähert sich dem tiefpunkt. man will sich ja nicht vorstellen, was möglicherweise nach dem 4. juli passiert wenn nach anwohnerbeschwerden wegen rauchender nächtlicher gäste eine nette bar nach der anderen geschlossen werden muss...
dann initier ich nächtliche
dann initier ich nächtliche flashmobs und mofagangs, die die anwohner aufmischen ; )
schade, eine bar, die auf
schade, eine bar, die auf jeden fall sehenswert war. der krusch, die historische staubschicht in den polstern und dazu mariettas haifischlächeln, wenn man einen piccolo bestellt hat und sie mit der frage "deutsch oder französisch?" versucht hat, einem den teuren schampus unterzujubeln. nur zum regelmäßig hingehen,war es schon seit jahren eigentlich immer zu leer, man hat sich jedes mal gefühlt, als würde man bei einer schrulligen tante das wohnzimmer entern.
sehr traurig - stand vor
sehr traurig - stand vor kurzem vor verschlossener tür, wußte aber nicht, dass der laden schon dicht ist. auch wenn dort so gut wie nie was los war - ein sehr origineller laden mit origineller (wenn auch nicht immer sehr freundlichen) besitzerin.
schade ich war leider nie
schade ich war leider nie drin aber hätte wohl durchaus potential zu einer lieblingslocation gehabt... naja so langsam schliesst ja hier irgendwie alles....ein trauerspiel ein trauerspiel....
Wow SZ, mal wieder eine
Wow SZ, mal wieder eine journalistische Meisterleistung. Eine 1:1-Wiederholung des Artikels "Marietta und die Schmetterlinge", ergänzt um Infos, die jeder Fußgänger in der Ickstattstraße selber feststellen kann und - Tusch für diese Rechercheleistung - einen Kommentar der Bedienung vom Segafredo nebenan. Dass ihr aber nur 3,5 Monate gebraucht habt, um die Schließung zu registrieren - das ist nun wirklich pulizterverdächtig! Chapeau.
Leider wohn ich nicht mehr in
Leider wohn ich nicht mehr in München. Habe viele schöne Stunden bei Marietta verbracht als ich noch in München war. Leider habe ich erst heute in enem Forum von der Schließung dieses Urgestein der Scene erfahren, sonst wär ich schnell nochmal hingeflogen um Marietta By By zu sagen. Stilvolle Lokale gibts kaum noch, Leider.
Marietta hatte keine Geld
Marietta hatte keine Geld mehr das stimmt und hat es seiner Bedienung dem Michael übergeben, soviel ich gehört habe ist er einfach über Nacht und Nebel verschwunden und aus dem Grund musste das Mylord schließen.
Es hätte mit einem anderen Besitzer also eventuell noch eine chance gehabt sehr schade das das nicht erwähnt wird.
Schade um das Mylord. War oft
Schade um das Mylord. War oft dort. hoffentlich geht's Marietta gut! es stimmt allerdings, zum Schluß war's dort kaum noch auszuhalten, leider.
Im MyLord hatte ich viele
Im MyLord hatte ich viele schöne Stunden. Und viele interessante Leute kennengelernt. Michi - wenn Du das liest: DAS WAR NICHT GUT ! DAS HAT MARIETTA NICHT VERDIENT. ICH HOFFE, DASS MIT DIR NIEMALS JEMAND SO UMGEHT WIE DU MIT IHR.
. . . es bleibt nur die Erinnerung.
für mich war das mylord eine
für mich war das mylord eine wertvolle lebenserfahrung die ich nicht missen möchte,viele schöne momente und erlebnisse durfte ich dort live miterleben.....negative dinge gab es natürlich auch...die ich hier nicht nennen will.es ist schon traurig genug das diese einmalige institution dicht gemacht hat.es war aber auch voraus zu sehen den irgendwie ist im mylord die zeit stehen geblieben und marietta war nicht bereit auch nur das geringste daran zu ändern....ihr mylord war ihr wichtiger als ihre gäste.das es irgendwann mal ein ende hat war klar das es aber auf diese art und weise geschieht das ist natürlich sehr bitter.ich wünsch ihr auf jeden fall alles gute für die zukunft.bin sehr traurig
Tja, es gibt tatsächlich ein
Tja, es gibt tatsächlich ein Leben nach Marietta, so schmerzlich das auch sein mag.
Es gibt Vermieter, die auf Miete angewiesen sind, die nicht um die
halbe Welt jetten, um mit Investoren was ganz hippes aufzuziehen und die trotzdem ganz gute Ideen haben, also, schaut demnächst doch mal rein ins ehemalige Mylord!!!
Weis jemand wie es der
Weis jemand wie es der Marietta geht oder aus dem Michi geworden ist, über Michi gibt es gerüchte er hat sich das leben genommen ?
Weis da jemand was von? Stimmt das ? Das wäre ja wirklich traurig wenn das stimmt .....
Ich kenne das Mylord asu
Ich kenne das Mylord asu eigenen Besuchen noch aus den Frauenbewegungszeiten Ende 70er / Anfang 80er Jahre. Zu dieser Zeit residerte um die Ecke in der Hans-Sachs-Straße das Pompon Rouge als damals erste und einzige Frauen-Disko. Zu dieser Zeit war das Mylord selbst an den ausgehstarken Wochenenden relativ dünn besucht. Die jungen Lesben wollten Disko, Tanzen und keine Plüschromantik. Das Mylord hatte diesen Wandel der Zeit damals schon nicht mitgemacht und war bei den weiblichen Gästen des Pompon Rouge (jung, cool, schick) bestenfalls als Ausflug in vergangene Zeiten und als Gag einen Besuch wert. Aber nicht als echte Ausgehadresse, um unter Frauen zu sein.
In den Folgejahren geriet das Mylord immer mehr ins Abseits, was auch die Wirtin Marietta nicht mehr stoppen konnte. Es verkam zur billigen Absteige und leider muß ich der Erfahrung eines Vorkommentatoren Recht geben, der mit einer Gruppe von 10 Leuten ins Lokal kam, wovon eine Dame nichts trinken wollte und harsch angeredet wurde. Das erlebte ich selbst im Zweierpack an der Bar ähnlich, als die Hausherrin mich plump dazu animieren wollte, ihr einen Sekt auszugeben! Das war allerdings schon zu Zeiten, als die Wirtin nach jahrzehntelanger Berufspraxis ein Animierniveau erreicht hatte, mit dem man im Bahnhofsviertel rechnen muß, aber nicht in einem Frauenlokal!
Seit ein paar Wochen residiert das "Lola" am selben Ort; es wurde groß Einweihung gefeiert, wie mir berichtet wurde. Ich bn heute, um 23.30 Uhr, am jetzigen "Lola" vorbeigekommen. Durch die Fenster sah ich ein paar Typen herumspazieren. Ich ging also rein, sah mich vor zwei Reihen dunklen Vorhängen, die meine Schäferhündin locker passierte, ich aber nicht. Ich hing zwischen den beiden Vorhängen fest, bat um Hilfe und keiner kam. Schließlich wuzelte ich mich durch und mir begegnetn drei junge Männer: Einer mit einem Pinscherhund auf dem Arm, der übelgelaunt vor meiner Schäferhündin flüchetet und zwei anderen Typen. Ich erhielt von diesem die genervte Infom daß das Lokal geschlossen sei, was man ja wohl an der ausgeschalteten Leuchtwerbung draußen erkennen könne. Erstens kenne ich deren Leuchtwerbung nicht; zweitens gab es draußen kein Schild bezüglich der Öffnungszeiten und auch keinen Auszug aus der Getränke-/Speisekarte, wie es bei Kneipen üblich und auch vorgeschrieben ist. Ich hinterließ meine Visitenkarte des Glockenbach-Kuriers - vielleicht besinnen sich die neuen Wirte ja eines besseren und professionelleren Benehmens! Wenn nicht, haben wir einen weiteren Fall von Dilettanten, die halt eine Kneipe aufmachen, weil es zu mehr nicht reicht! Davon hat das Glockenbachviertel wahrlich genug! Der Glockenbach-Kurier bleibt dran.
Karin Zick
Kombiniere: ...zieht das XCess nun rein???