Spontanauftritt beim on3-Festival

BR zieht Pete Doherty von der Bühne

"Ich bin kein Dummkopf": Beim on3-Festival erscheint Überraschungsgast Pete Doherty - doch die Zuschauer wollen lieber Kettcar sehen.
Pete Doherty bei seinem Auftritt im BR-Funkhaus (Foto: muenchenblogger)
Pete Doherty bei seinem Auftritt im BR-Funkhaus (Foto: muenchenblogger)

Das mit dem Deutschland-Lied hätte er nicht machen sollen. Peter Doherty erschien als Überraschungsgast Samstagnacht auf dem on3-Festival im BR-Funkhaus - und als er ansetzte "Deutschland, Deutschland, über alles", hatte der Star die Pfiffe gegen sich.

Impressionen von dem Auftritt von Peter Doherty gibt es in unserer Bildergalerie.

Pete Doherty spielte bei seinem Spontanauftritt ein paar Takte von "Hit the Road, Jack" (Pfiffe), dann "Last of the English Roses" (Pfiffe), "Delivery", eine Version von "I heard it through the Grapevine" (Buhrufe), "For Lovers" (Pfiffe) und "Fuck Forever" (verhaltener Applaus). Dann erschien eine Moderatorin, die Peter Doherty unter Beifall des Publikums von der Bühne bat. Peter murmelte noch "One more Song", doch die Ordner signalisierten ihm bereits, ihn notfalls von der Bühne tragen zu würden. Und die Zuschauer - vornehmlich Fans von Kettcar, deren Auftritt wegen des Gigs nach hinten verschoben wurde, hörten nicht auf zu pfeifen.

Und so endete, das als Highlight gedachte Geheimkonzert, in einem ziemlichen Desaster. Peter Doherty ist die Schuld daran (bis auf dem Deutschland-Lied) nicht zuzuschreiben. Doherty, dem zuvor schon als Überraschungsgast im Atomic Café aufgewartet worden war, zeigte sich musikalisch gewohnt virtuos (und in sichtlich berauschtem Zustand).

Er schaffte es, nur mit Gitarre auf der Bühne, den Raum mühelos einzunehmen. Seine Stimme war so facettenreich wie auf jedem Live-Konzert, für das Fans teures Geld bezahlen. Er verlor mehrmals sein Pektrum. Er schimpfte das Publikum auf Deutsch: "Ich bin kein Dummkopf." Es war die Pete-Doherty-Show, die Fans erwarten würden - und die das BR-Publikum offenkundig missbilligte. Statt Pete Doherty wollten die meisten lieber die Hamburger Band Kettcar sehen. Zahlreiche Kettcar-Rufe halten durch den Raum.

Das on3-Festival war - wie in den vergangen Jahren - restlos ausverkauft (Impressionen von den weiteren Auftritten gibt es hier). Besonders überzeugte der energiegeladene Auftritt von Spiral Beach und der ruhige Gegenpol im Anschluss Chris Garneau.

Die als einer der Hauptacts gedachten Kettcar, die direkt nach Pete Doherty auftraten, disqualifizierten sich dagegen bereits mit ihrer Begrüßung: "Wir sind Kate Moss, äh, Kettcar." Ein einziger Zuschauer rief: "Pete!" Doch der stand bereits am Wurststand.

Der BR kommentiert zum Auftritt von Peter Doherty und dem Anstimmen des Deutschland-Liedes folgendermaßen:

Die Verantwortlichen der Veranstaltung sind an diesem Punkt sofort in Diskussion mit dem Management getreten. Anschließend hat man sich nach kurzer interner Beratung entschlossen, Pete Dohertys Auftritt am erstmöglichen Moment, an dem es möglich war, ohne das zu diesem Zeitpunkt bereits aufgebrachte und in seiner Reaktion extrem gespaltene Publikum weiter aufzuregen, abzubrechen.

Nachtrag: Zehra hat ein gutes Video von dem Auftritt von Pete Doherty gemacht.

Bildergalerie:

Peter Doherty beim on3-Festival

Überraschungs-Stargast, der ausgebuht wurde: Peter Doherty spielt auf dem on3-Festival, doch die Zuschauer wollen lieber Kettcar hören.
Fotos: Lisa Sonnabend

Kommentare

Cones am So., 29.11.2009 - 14:43

Man kann sich über Dohertys Auftritt sicher trefflich streiten, eines war er aber definitiv nicht: virtuos. Was Doherty musikalisch abgeliefert hat, war technisch teilweise geradezu peinlich schlecht. Ob sein Charisma und seine trotzige Arroganz seinen Auftritt dennoch zu einer Art Gesamtkunstwerk machen, sei einmal dahingestellt.

Hannes am So., 29.11.2009 - 15:26

Virtuoser Auftritt?
Lieber Münchenblogger, waren sie bei dem Konzert anwesend? Die dargebotene Leistung von Pete, der übrigens weniger alkoholisiert war als mehr unter Drogen stand, war unter aller Sau. Er war offensichtlich nicht in der Verfassung, eine Bühnenshow abzuliefern.
Das Deurtschlandlied war zudem nicht sein einziger Patzer, er beleidigte das Publikum auch mehrfach ("Fuck you! You don't deserve it anyway!").
Und warum sollten Kettcar Fans nicht aufgebracht sein? Sie wollten ihre Band sehen. Petes Musik ist ein völlig anderes Genre und möglicherweise überhaupt nicht ihr Geschmack. Sie kamen nicht, um ihn zu hören. Nur weil er "berühmt" ist, heißt das nicht, dass man so einen lächerlichen Auftritt würdigen muss.
Wer zu einem FC Bayern spielt geht, von dem wird ja auch nicht erwartet, dass er begeistert ist, wenn auf einmal Tiger Woods ein paar Golfbälle über den Rassen schlägt.

Das Publikum un die BR-Redakteure verhielten sich völlig korrekt.

Bernd am So., 29.11.2009 - 15:42

Mich wundert die mangelnde Toleranz gegenüber allem was "anders" und unerwartet ist, Kettcar wurden ja nicht abgesagt, sondern verschoben, wo liebes Publikum war das Problem? Ich werde auch mal beleidigend und frage einfach mal in die Runde warum den jedes kleine Würstchen seine unqualifizierte Meinung mit Pfiffe ausdrücken muss, und nicht einfach einen Raum weitergeht, auf einem Festival gibt es ja genug Möglichkeiten?
Originalzitat einer Oberpfeiffe (wörtlich und übertragen zu verstehen): "ich hasse es wenn sich einer so wichtig nimmt ....."
Aha, Minderwertigkeitskomplexe?
Und nein ich fand den Auftritt nicht gelungen, aber darum geht es ja nicht, sondern um Toleranz.

Der Auftritt von Kettcar war dann noch ein Genuss, trotz Publikum.

Sonja am So., 29.11.2009 - 16:52

Den Auftritt von Doherty fand ich einfach nur bizarr - man wusste nicht, ob man in die Buh-Rufe mit einstimmen oder nur lachen sollte. Habe mich dann für letzteres entschieden. Allerdings bin ich auch kein eingefleischter Kettcar-Fan, von denen es gestern wohl sehr viele im Studio 1 des BR gab.
Künstlerisch betrachtet, fand ich den Auftritt auch ziemlich schlecht - obwohl er in guten Momenten durchleuten ließ, dass da musikalisch einiges drin steckt - leider nimmt er's halt mit sex, drugs and rock'n roll viel zu genau...seine Tanzmäuse haben es dann leider auch nicht mehr rausgerissen ;-)

riegge am So., 29.11.2009 - 23:15

Hey Leute!
Ich war gestern auch beim Festival und habe den eklat um Pete Doherty miterlebt. Auf meinem Blog:

http://riegge.myblog.de/

habe ich einen ausführlichen Bericht darüber geschrieben.

Andy am Mo., 30.11.2009 - 09:01

Also sein Auftritt im Atomic Cafe war grandios, so hab ich es zumindest erlebt. Allerdings muss man sich natürlich auf seine Musik einlassen und nicht einfach bocken, nur weil die Lieblingsband etwas später auf die Bühne kommt. Und wer ein perfekt gespieltes Konzert erleben will, darf eben nicht zu Peter Doherty! Die 1. Strophe der Nationalhymne zu singen ist natürlich dumm, aber diese Sensibilität fehlt nicht nur den Briten. Der Typ ist ein Genie und ich bin froh ihn erlebt zu haben.

Jonny am Mo., 30.11.2009 - 10:11

Dass Fans, die auf eine bestimmte Band warten, recht gereizt sind, ist normal.
Dass die Veranstalter hier so überrascht pikiert ob des "Skandals" tun, ist verwunderlich, sie scheinen nicht sehr kundig in der Musikszene, konkret der Historie eines Pete Dohertys zu sein.
Pete Doherty mit Amy Whinehouse on Crack und Mäuse-Babys auf youtube, anyone?
Ich möchte übrigens mal jemanden sehen, der bei einem Rauschzustand von einer Qualität eines Pete Dohertys es schafft auch noch nur einen Akkord rauszubringen, geschweige denn gleichtzeitig zu singen.
Sein Anspruch ist ja überhaupt nicht ein musikalischer Virtuose zu sein, das ist die irrtümliche Messlatte, die viele der Leute, die ihn überhaupt nicht mögen, anlegen.
Wenn ich seine Kunst richtig einschätze, dann geht es im in erster Linie ein kreativer Poet zu sein.
Sein maßloses Aufreten ist Teil seines Seins, seines Tuns, man muss es nicht gut finden.
Ich fänd es für meinen Teil auch wünschenswert, wenn er ohne Drogen kreativ leben könnte.

Ich mag das was Drogen aus vielen Menschen machen überhaupt nicht, vor allem die Abhängigkeit, die sie erzeugen, wie sie die Menschen langfristig körperlich und geistig zerstören.
Man muss sich aber auch darüber im Klaren sein, dass Drogen, vorsichtig formuliert, nicht unbeteiligt sind an der "neueren" Musikgeschichte der letzten 100 Jahre.

Man sollte auch keineswegs den Fehler machen und Doherty als Dummkof abtun, damit wird man ihm nicht gerecht.
Ich kenne nicht alle, nicht viele, aber doch einige seiner Texte, und sie sind reich an lyrischer, gesellschaftskritischer, emotionaler Ausdruckskraft.
Anders gesagt, sie sind einfach gut gemacht.
Ich kann nicht sagen, ob Pete ein guter Romanautor wäre, aber Songs schreiben kann er ohne Zweifel.

Ich möchte mal ein Beispiel bringen, um meine Meinung zu der Reaktion der Fans und dem Medienecho verdeutlichen:
Wie viele von den Leuten, die gebuht haben, würden einschreiten wenn ein Ausländer von 2 Glatzen verprügelt wird?
Statistisch, empirisch gesehen, (und zu meinem eigenen Leidwesen) würde es nur ein recht geringer Anteil sein, und selbst das Buhen würden sie aus Angst unterlassen.
Ich kann und will keine Zahlen bringen, es soll einfach nur zeigen, dass ein grundsätzlich richtiges Verhalten an der falschen Stelle in der Summe falsch ist.
Es ist einfach, offen gegen etwas zu sein, wenn man dabei keine persönlichen Konsequenzen tragen muss.
Man muss die Demokratie nicht gegen einen Pete Doherty verteidigen!
Man sollte sie lieber hinterfragen, wo sie 60 Jahre nach der Shoah gewährleistet, dass Nazis demonstrieren dürfen, die NPD im Landtag sitzen darf, und Rechtsradikale vielerorts im Westen wie im Osten ungehindert friedfertige Menschen terrorisieren können.
Ein Engländer, ein Popstar, ein Poet, ein Junkie- ein Pete singt die erste Strohe der deutschen Nationalhymne.
What's the fuss?

Monaco am Mo., 30.11.2009 - 11:52

@Jonny: Sehe nicht ganz ein, warum hier mit zweierlei Maß gemessen werden soll. Ich möchte weder von einem Skinhead, noch von Herrn Doherty die 1. Strophe der Nationalhymne hören. Ich sehe zwar auch, dass hier zwei unterschiedliche Absichten dahinter stehen: Im ersten Fall ist es nationalistisch und im zweiten einfach nur ignorant. Gefällt mir beides nicht.

photoX am Mo., 30.11.2009 - 12:10

"Die 1. Strophe der Nationalhymne zu singen ist natürlich dumm"

"Ich möchte weder von einem Skinhead, noch von Herrn Doherty die 1. Strophe der Nationalhymne hören. "

Ich weiß ich ja nicht in welcher Zeit IHR lebt, aber in meinem Land ist dieses Lied mit den zitierten Zeilen NICHT mehr die Nationalhymne.Schlimm dass einige es immer noch so betiteln...

Monaco am Mo., 30.11.2009 - 12:38

@photoX: Du weißt, wie es gemeint war. Also für alle die es ganz genau nehmen, ich meinte die erste Strophe des Deutschlandlieds (http://de.wikipedia.org/wiki/Deutschlandlied#Text)

Martin am Mo., 30.11.2009 - 14:40

@ photoX:

Du hast leider unrecht. Das *gesamte* Deutschlandlied ist unsere Nationalhymne, allerdings mit der Empfehlung, bei öffentlichen Anlässen (nur) die dritte Strophe zu singen. Das wird ja auch so gehandhabt. Schau's doch mal bei Wikipedia nach, der Artikel ist gut geschrieben und beinhaltet Quellen.

Zitat:
"Der Entwurf wurde von seiten der Bundesregierung dahingehend geändert, dass Adenauer die „Bitte der Bundesregierung, das Hoffmann-Haydn’sche Lied als Nationalhymne anzuerkennen“ äußerte und hinzufügte: „Bei staatlichen Veranstaltungen soll die dritte Strophe gesungen werden“. Diese Abweichung von seinem Vorschlag nahm Heuss hin, und so wurden die beiden Briefe, datiert auf den 29. April 1952 und den 2. Mai 1952, am 6. Mai 1952 im Bulletin des Bundespresseamtes veröffentlicht.[5][6] Damit wurde das Lied der Deutschen mit Hervorhebung der dritten Strophe die Nationalhymne der Bundesrepublik Deutschland."

photoX am Mo., 30.11.2009 - 16:17

Martin, ich gebe mich geschlagen, die Infos sind natürlich richtig :)
War im ersten Moment nur befremdlich zu hören und ich wehr mich noch dagegen den Text als Teil unserer Hymne anzuerkennen.

huh am Mo., 30.11.2009 - 16:44

Ich war nicht dabei und wüsste auch nicht wie ich mich als kettcar fan gefühlt hätte, aber ganz ehrlich, peter doherty mag vieles sein, aber arrogant ist wohl das allerletzte davon!!! welcher andere sänger kommt allein bei einem konzert 4mal nach draußen zu seinen fans??

RamBam am Mo., 30.11.2009 - 17:35

Wer bei mb ist eigentlich so Doherty-geil? Ich lese diesen Namen immer wieder hier. Bei keinem anderen, nationalen oder internationalen Star triefen eure Sabberfäden so dickflüssig. Ich bin nur einer von ein paar Dutzend geschätzten Lesern, aber ich möchte euch sagen, dass ihr euch wegen mir nicht so bemühen müsst. Mir geht dieser Herr am Allerwertesten vorbei.

Soso am Di., 01.12.2009 - 19:09

Welche "Boulevardjournalistin" ist da gemeint?
http://www.bildblog.de/14220/peter-doherty-singt-medien-in-nazirausch/

Thomas N. am Di., 01.12.2009 - 20:57

Hallo!

Martin hat natürlich unrecht: Nicht alle drei Strophen des Deutschlandliedes sind Bestandteil der deutschen Nationalhymne, sondern nur die dritte Strophe.
Ich will mal auf einen Wikipedia-Artikel verweisen, nämlich auf http://de.wikipedia.org/wiki/Deutschlandlied#Bundesrepublik_Deutschland . Dort heißt es: "Nach dem Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik 1990 wurde im Jahr 1991 allein die dritte Strophe des Deutschlandliedes in einem Briefwechsel zwischen Bundespräsident Richard von Weizsäcker und Bundeskanzler Helmut Kohl zur Nationalhymne Deutschlands erklärt."

...soviel zu meiner Besserwisserei... :-)

Hans am Mi., 02.12.2009 - 10:39

Wenn schon klugscheissen, dann muss man sagen, dass Deutschland de jure gar keine Nationalhymne hat. Ein Briefwechsel zwischen Kanzler und Bundespräsident entfaltet nämlich keine solche Wirkung. Das Deutschlandlied - seit dem Briefwechsel 1991 auf die 3. Strophe reduziert, davor in Gänze - ist allenfalls die de fakto Nationalhymne.

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