Der biometrische Videoabend

FingerabdruckSie schießen wie Pilze aus dem Boden: Auch in München gibt es immer mehr dieser praktischen DVD-Automaten, an denen man sich 24 Stunden am Tag mit den neuesten Hollywood-Blockbustern versorgen kann. Einfach reinspaziert in die gute Stube, sich schnell noch per Fingerabdruck identifizieren und schon hält man den begehrten "Aktschn-Movie" in den Händen.

Aber Moment mal, für eine lausige DVD soll ich mich bei irgendeinem dahergelaufenen Videofuzzi mit Fingerabdruck registrieren lassen? Die Mehrzahl der High-Tech begeisterten Jugendlichen scheint damit wohl kein Problem zu haben, aber vielleicht sollte man sich bei einem derart sorglosen Umgang mit biometrischen Daten dann doch ein paar Gedanken machen.

Mich wundert zum Beispiel, warum für das Ausleihen einer DVD mit einem Warenwert von ein paar Euro mein Fingerabdruck nötig sein soll, meine Bank aber eine Magnetkarte mit vierstelliger Zahlenkombination als vollkommen ausreichend betrachtet. Oder brauchen Videotheken mittlerweile höhere Sicherheitsstandards als Geldinstitute?

VideothekVielleicht legen die Leute aber auch gerade deshalb so gern ihren Daumen auf den Sensor, weil man sich dann so ein bisschen wie James Bond fühlen darf: "007, Sie wurden identifiziert, hier ist der neue Film mit Meg Ryan."

"Aber wer will schon was mit den Fingerabdrücken von ein paar Filmfreaks was anfangen?", könnte man sich fragen. Weiß mans? Das Ausleihen von Videos mittels biometrischer Merkmale halte ich jedenfalls für absolut überzogen und bedenklich, eigentlich wäre das ein klarer Favorit für den nächsten Big-Brother-Award. Was kommt denn bitte als nächstes? Ins Kino nur noch mit Gentest?

Über Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie am besten einen Datenschutzbeauftragten oder den Videothekar Ihres Vertrauens. (Oder man lese mal wieder "Schöne Neue Welt" von Aldous Huxley).

Kommentare

Max am Mi., 02.11.2005 - 23:57

Und warum reicht dafür nicht eine Magnetkarte mit Zahlencode und Volljährigkeits-Nachweis bei der Anmeldung?

ffellow am Do., 03.11.2005 - 15:45

Mit einer Magnetkarte mit Zahlencode kann nicht nachgewiesen werden, dass der Besitzer der Karte gerade einen Ausleihvorgang tätigt. Schliesslich kann sich ja der Filius die Karte schnappen.

Beim Vergleich mit dem Geldautomaten ist folgendes zu beachten: Der Besitzer der Karte haftet in dem Fall dass ein Dritter in den Besitz der PIN gelangt. Bei der DVD-Ausleihe geht es gar nicht um die Haftung, sonder darum, dass anscheinend der Besitzer des Automaten nachweisen muss, dass der Ausleihvorgang von dem Kartenbesitzer durchgeführt wird.

Wohlgemerkt: Ich finde den Fingerabdruckmechanismus auch nicht sinnvoll. Ob diese Vorgehensweise rechtlich notwendig ist weiss ich auch nicht. Nur - falls dies der Fall sein sollte, so wäre die Vorgehensweise nachvollziehbar.

Dass die Banken dies nicht einführen ist auch nachvollziehbar, da die benutzten Sensoren in meinen Augen eine relativ hohe Fehlerquote haben (ich muss meistens den Scanvorgang ein zweites oder drittes Mal durchführen...) und ausserdem wahrscheinlich auch nur innerhalb geschlossener Räume halbwegs gut funktionieren.

Alles in allem also eine ziemlich nervige Sache. Und den Umgang mit biometrischen Daten halte ich auch für problematisch.

Max am Do., 03.11.2005 - 16:06

Bezüglich der Haftung müsste man wohl tatsächlich einen Juristen zu Rate ziehen. Allerdings kann ich mir nur schwer vorstellen, dass der Gesetzgeber den Automatenbetreibern vorschreibt, aus Gründen des Jugendschutzes biometrische Merkmale zu erfassen und zu speichern. Konsequenterweise dürften dann eigentlich auch Zigarettenautomaten nur noch per Fingerabdruck funktionieren.

ffellow am Sa., 05.11.2005 - 06:57

Guter Punkt mit den Zigarettenautomaten... ich könnte mir ja schon auch vorstellen, dass es in Wahrheit so war, dass der Automatenentwickler sich gedacht hat: "Hey wow, von Infineon gibt's preiswerte Fingerabdrucksensoren. Coole Sache. Die bau ich in meinen Automaten ein. Wirkt dann sehr high-tech."

Übrigens werden laut Spiegel Online auf dem neuen Reisepass ab 2007 neben dem Foto auch die Fingerabdrücke elektronisch abgespeichert.

Hausi am So., 18.12.2005 - 15:18

...also das mit den Zigaretten wird sich ja auch ändern, bald nur noch mit geld/ec karte.
und der fingerabdruck. das ist die einzige möglichkeit nachzuweisen, dass der kartenbesitzer auch der ist, der er vorzugibt zu sein. denn wer pornografisches material minderjährigen zugänglich macht, der macht sich strafbar. also entweder fingerabdruck oder keine pornos.

A. K. am Mo., 13.03.2006 - 14:48

Vielleicht sollte sich der Verfasser des obigen Artikels Maximilian Sterz vor dem Aufstellen irgendwelcher Thesen umfassender über rechtliche Rahmenbedingungen informieren.

Michael Gee am Sa., 24.03.2007 - 12:38

Das Ganze ist aufgrund eines BGH-Urteils notwendig.
BGH – Urteil vom 22.05.2003 / 1 StR 70/03

Kann hier nachgelesen werden, wenn man mit Juristendeutsch was anfangen kann...

http://www.recht.com/heymanns/start.xav?bk=heymanns_bgh_ed_datst&startbk=heymanns_bgh_ed_datst&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'1%20StR%2070%2F03'%5D&hls=BGH%20%E2%80%93%20Urteil%20vom%2022.05.2003%20/%201%20StR%2070/03

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