"Von Zuhause Aus": Interview mit Roger Rekless

Das Mikrofon stets fest im Griff hat Roger Rekless über die Jahre hart an seinen Skillz gefeilt. Hinter den Plattenspielern bringt er mit den DJ-Kollegen von Plastik Jugganots die Clubs Land auf Land ab zum kochen, die Farbspuren seiner Graffiticrew zieren das Münchner Strassenbild, als Bassist rockt er in einer Metalband um nebenbei als Schauspieler im Graffitimovie "Wholetrain" über die Kinoleinwänden zu huschen.

Doch damit nicht genug, seit 1. Dezember 2006 steht das Solo Album "Von Zuhause Aus" des 25-jährigen Multitalents in den Plattenregalen. Grund genug sich mit Rekless über seine aktuellen Releases und Projekte zu unterhalten.

Foto Roger Reckless

Du bist Produzent, DJ und MC in Personalunion. In welchem Metier siehst Du Deinen Schwerpunkt und wie wichtig ist es Dir Deine Songs quasi aus einer Hand zu produzieren/schreiben?

Na ja, also ich muss zu allererst sagen, dass ich ganz allein nie die Soundqualität geschafft hätte, die ich auf dem Album zeige. Die Hitfarmers haben das Ganze so fresh gemischt und auch hier und da noch Hats dazu gespielt oder Drums ausgewechselt. Beim Produzieren seh ich auf jeden Fall nicht meinen Schwerpunkt. Ich muss ja quasi zehn Dinger machen bis eins davon mal ganz cool is.

Das mit dem DJing ist auch immer mehr in den Hintergrund gerückt, weil ich eigentlich nur noch Bock auf Cutten habe und nicht mehr so aufs Auflegen. Als MC bin ich zwar auch nicht die krasseste Flowmaschine vom andern Stern, aber es bringt mir sehr viel, alles was mich bewegt aufzuschreiben. Somit würde ich meinen Schwerpunkt eher im rappen sehen.

Wie gesagt, es ist mir sehr wichtig, was von mir in meine Mucke zu packen, dass die Musik mich widerspiegelt. Ob ich den Beat selbst produziere, oder einfach so krass auf das Instrumental flashe, von den Hitfarmers oder von irgendjemand anders, ist dann egal. Bei meinen eigenen Produktionen steht eigentlich immer so eine Melodie im Vordergrund, die irgendwie eine Atmosphäre erzeugt. Davon lass ich mich dann leiten und schreib Texte einfach so runter.

Stellt sich die Frage wie wichtig Dir in diesem Zusammenhang der Hip Hop Grundgedanke ist? Im Millionenschweren Rapbusiness spielen DJaying, Graffiti oder Breakdance ja kaum mehr eine Rolle.

Das stimmt leider und viele kritisieren es bei mir, dass ich so "an der Vergangenheit klebe". Aber ich finde es wichtig, das weiterzugeben was ich durch Hip Hop erfahren habe. Im Gegensatz zu der Zeit vor ca. 10 Jahren hat sich Hip Hop ziemlich gewandelt und ist keine geschlossene Einheit mehr. Ich für meinen Teil versuche ihn jedoch noch universell zu repräsentieren, auch wenn ich nicht als Breaker oder Writer aktiv bin. Auf jeden Fall gebe ich den Jungs aber Respekt und mache auch Tracks für Sprüher. Das sind die Jungs, die kämpfen für das, was sie lieben. Ihnen geht es genauso wie mir, außer dass ich nicht einsitzen muss, wenn ich eine Platte rausbringe und irgendjemand weiß, dass sie von mir ist.

Versuchst Du dies auch in den Workshops weiterzugeben, die Du in Münchner Freizeitheimen für Jugendliche leitest?

Auf jeden Fall, da sehe ich mich auch in einer Vorbildfunktion. Die Workshops gebe ich in Berg am Laim und arbeite dort mit Jugendlichen, die aus einem schwierigen sozialen Umfeld kommen. Ich erzähle denen nicht: "Hey macht mal irgendwas, weil das ist viel geiler als euch zu haun oder Drogen zu ticken". Ich erzähl denen, wie man an die Arbeit zu Rap-Texten und Tracks rangeht und arbeite mit ihnen an einem Demo. Ich glaub, es tut den Jungs ganz gut mal in so einer Disziplin gefordert zu sein. Außerdem macht es mir Endspass und ich bin auch ehrlich down mit den Jungs.

Hörprobe: Roger Rekless Joining Forces Vol.I Mixtape

Kommen wir mal auf Dein aktuelles Album zu sprechen. Wofür steht der Titel „Von Zuhause Aus“?

Alles was auf diesem Album passiert ist von mir. Es ist bei mir zu Hause entstanden und alles ist hier bei mir zu Ende gebracht worden. Es steht für die Kraft die ich aus meinem Zuhause schöpfen kann. Für meine Jungs die mir Kraft geben, auch wenn sie es vielleicht gar nicht wissen. Es steht für meine Mutter die mir durch jede Scheiße geholfen hat und zu mir gestanden hat. Es steht dafür das ich mich traue etwas von mir und meinem Leben zu erzählen. Und es steht dafür, dass ich das, was ich bei mir zu Hause erlebt habe, raustrage zu den Leuten die es vielleicht verstehen und gutfinden.

Bild Roger Rekless

Das Album klingt soundtechnisch sehr druckvoll produziert, wurde die CD wirklich komplett in "your bedroom" aufgenommen? Mit welchem Equipment arbeitest Du?

Jawoll. Alles bis auf zwei Tracks ist hier bei mir aufgenommen und gemischt worden. Der Sonic von den Hitfarmers ist ja zu mir gezogen und seit dem Album wohnen wir in einer WG. Equipment ist mein Computer, ein Yamaha O3D ein Akai 950er und bisschen wass drumrum. Aber wie gesagt, das alles würde nicht so klingen wie es klingt, wenn die Hitfarmers das nicht so fett gemischt hätten.

Was möchtest Du durch Deine Musik den Hörern vermitteln?

Guten Sound zuallererst. Und auch einfach meine Sicht der Dinge. Ich denk, dass die Leute checken müssen, dass man durch Rap auch was erzählen kann und Leuten die Möglichkeit gibt, sich damit zu identifizieren. Man muss nicht immer die krassesten Double Rhymes spitten, nur um am Ende zu sagen, dass man der Geilste vom Block ist. Das is natürlich auch wichtig, Rap ist schließlich Competition, aber wenn das alles ist was man kann, dann ist das meiner Meinung nach ein bisschen wenig.

MP3-Download: Album Snippet "Von Zuhause Aus"

Mit Deiner Crew 4zu1 hast Du im vergangenen Frühjahr ein Album veröffentlicht. Was hat Dich dazu bewogen nun auf Solopfaden zu wandeln und wie unterscheidet sich Roger Rekless als Solokünstler von seiner Arbeit als Teil der Crew 4zu1?

Ich bin derselbe Mensch, der ich immer bin, egal ob ich was alleine mach oder mit 4zu1. Der Mensch hat aber natürlich mehrere Facetten. Meine Sicht von Rap ist eine andere als Bowdee oder Minit haben. Es war mir einfach wichtig zu zeigen wer ich bin, ohne Image, ohne Gimmicks. Ich wollte ein Album für meine Jungs machen. Für die Jungs, die das 4zu1 Album zwar gefeiert, aber gesagt haben: "Du hast doch viel mehr zu erzählen als du es auf dem Album machst. Wieso erzählst du denn nicht von dir?" Auch für meine Mutter, die immer gesagt hat, mach was Eigenes. Die ist so stolz drauf, endlich nur mich kritisieren zu können...

Du bist sowohl im Vorprogramm von Blumentopf wie auch Main Concept auf Tournee gegangen. Siehst Du Dich als Teil dieser "Münchner Studentenrap" Clique? Nennst Du Dich deshalb auch "den besten Studentenrapper Deutschlands"?

Nee, Alter, das is der Spass, den ich mir nicht nehmen lass. Die Leute wollen einen immer in eine Schublade stecken, aber es gibt mehr als Musik. Ich bin befreundet mit Main Concept und befreundet mit Blumentopf. Ich bin aber auch befreundet mit Lowlife, mit Ali A$, mit Weeh78, DJ Scream und anderen Münchnern, die defintiv nicht in die Studentenecke gehören. Die Leute müssen einfach verstehen, dass es nicht um ein Image oder sonstwas geht. Ich mach Musik mit Freunden. Punkt aus. Ich steh auf Pretty Mos` Raps. Genauso steh ich auf Rogers` (Blumentopf) Raps. Ob der eine jetzt der beste Freund vom andern werden könnte, ist mir da egal.

Ende letzten Jahres konnte man Dich auch im Kinostreifen Wholetrain über die Leinwände flimmern sehen. Welche Erfahrungen konntest Du durch den Film gewinnen?

Also ich würde mal sagen, ich konnte viele Erfahrungen sammeln, was das Filmbiz angeht. Aber wichtiger waren mir die Leute, die ich kennengelernt habe. Serch, Damian und die Hitfarmers waren echt die Krönung. Talin kannte ich ja vorher schon. Nee war auf jeden Fall cool dabei gewesen zu sein. Hat auch Bock gemacht.

Welche Pläne hast Du für 2007? Es gibt Gerüchte Du arbeitest an einem Hip Hop/Metal/Hardcore Projekt? Du warst bis vor kurzem auch als Bassist bei der Münchner Band 089 aktiv. Woher rührt Deine Vorliebe für harte Gitarrenklänge?

Meine Liebe zu Gitarrenmucke kommt von früher. Ich hab immer schon E-Gitarren gemocht. AC/DC und so weiter, war halt geil als ich in der 4. Klasse war. Ich hatte zwar nur die Razors Edge, aber die hab ich dafür fett gefeiert. Naja und wenn man älter ist und dann mal Scheiße loswerden muss, dann kommt einem Pantera grad recht. Ich bin auch kein Standard Metal Hörer. Ich bin so ein bisschen MusikNazi. Ich erwarte gerade von Gitarrenmusik ein paar Eckpunkte. Erstens einen Sänger, der was zu erzählen hat und dies in einer Wut hinaus schreit, dass alles zu spät ist. Zweitens Rhythmus. Das ganze Ding muss rollen wie Sau. Entombed ist ein gutes Beispiel. Drittens sollten die Musiker Männer sein und nicht so Kinderspasten, die grad mal ein Haar am Sack haben und einen auf hart machen. Frauen brauch ich in der Mucke nich so. Auch wenn Walls of Jericho nicht schlecht sind.

So zum Projekt. Es ist einfach ein Traum von mir, mal Metal und Rap so zusammen zu bringen, ohne dass dies in einer x-beliebigen Crossovermasche endet. Ich möchte versuchen das Beste aus beiden Richtungen zusammen zu führen. Zusammen mit AP-Rock von Joining Forces sind wir grad dran Bands zu checken, die für ein solches Projekt in Frage kommen. Gleichzeitig bin ich dabei Produktionsskizzen zu machen, die wir denen dann geben können und dann zusammen dran arbeiten. Unser Ziel ist es auf jeden Fall, dass das Ergebnis sehr ausgereift klingt und sowohl Hip Hop wie auch Metal/Hardcore stimmig präsentiert. Daran sind die meisten Crossover-Projekte ja immer gescheitert.

Kommentare

Skinny am Do., 15.02.2007 - 20:43

Endlich mal ein Rapper, der symphatisch und nicht wie der letzte Vollproll rüberkommt. Mukke ist auch sehr gelungen. Daumen hoch!

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