Untergiesing

Willkommen im Viertel!

Die Yuppiesierung in Untergiesing ist in vollem Gange: Die Burg Pilgersheim und die Bäckerei Petermeier müssen schließen, dafür ziehen ein Tagescafé und eine Kette ein.

Giesing war das Arbeiterviertel der Stadt. Es ging immer ehrlich, schlicht und durchaus auch beschaulich zu. Nur an den Wochenenden, wenn der TSV 1860 München ein Heimspiel im Grünwalder Stadion hatte, zogen Scharen von Fußballfans ins Viertel ein. Spätestens in der Nacht waren sie aber aus den Boatzn des Viertels wieder verschwunden - und Giesing war wieder wie immer.

Doch nun ändert sich einiges im Viertel. Schon in den vergangenen Monaten zogen immer mehr hippe Großstädter, denen es im Glockenbachviertel zu laut und unruhig zuging, auf die andere Seite der Isar, nach Untergiesing. Die Gentrifizierung hatte begonnen.

Und nun erreichen Untergiesing auch die weniger erfreulichen Seite dieser Yuppiesierung. Die Burg Pilgersheim, eine bayerische Gaststätten-Institution in Untergiesing, hat vor einigen Wochen schließen müssen. Nun soll dort ein szeniges Tagescafé eröffnen.

Und nun wurde auch bekannt: Die Traditionsbäckerei Petermeier am Candidplatz 1 muss zum Jahresende schließen. Der Pachtvertrag wurde nicht verlängert, nun zieht eine Bäckereikette ein, schreibt die Abendzeitung.

Ist der Untergang Untergiesings noch aufzuhalten? Willkommen im Viertel!

Foto: Dominik Hundhammer/Wikipedia

Kommentare

Tobias am Do., 05.11.2009 - 13:07

Dieser Vorstellung des neuen in-Viertels sind so einige erlegen. Hm, vielleicht in 10 Jahren, aber momentan zeichnet sich wie ich finde nichts dergleichen wirklich ab. Die Wünsche eines szenigen Tages-Cafés im Burg Pilgersheim-Nachfolger wurden übrigens auch gleich wieder fallengelassen und jetzt öffnet eine mexikanische Kette (Panchos). Richtig hip ist das nicht... Wo ist die neue Burg für das weiterhin arbeitende Giesing? :-)

Beste Grüße.

Stefan am Do., 05.11.2009 - 13:07

So geht's los! Der nächste Schritt ist die Gründung zahlreicher Werbeagenturen und Architektenbüros - bevorzugt in Erdgeschoss- oder Souterrainwohnungen der Altbauten. Dann kommt die totale Sanierung und dann die Anhebung der Mieten und allgemeinen Lebenshaltungskosten. Funktioniert seit Jahren das Prinzip und wird meiner Meinung nach von der Stadt gezielt eingesetzt.

Hab ganz früher mal in der Isabellastraße gewohnt, im Westend und jetzt in Sendling. Schaut Euch die Viertel an, was draus geworden ist und wer es sich noch leisten kann, dort zu leben.

Heinz am Do., 05.11.2009 - 14:22

Die Projektgruppe Sechzger-Stadion und die Fans von 1860 sehen im Gegensatz zum Standort Olympiapark oder bei "Grüne-Wiese-Planungen" in Giesing keine Bürgerproteste auf sich zukommen, falls das Grünwalder Stadion um- oder neugebaut werden sollte. Wenn es tatsächlich eine Änderung der Bevölkerungsstruktur in dem Stadtteil gibt, dann ist auch zu erwarten, dass im Falle einer Neuplanung mit massiven Neubürger-Widerständen zu rechnen ist.

Stadtneurotiker am Do., 05.11.2009 - 23:35

Daß sich bis jetzt kein Protest regt, liegt an dem Wissen der Anwohner, daß die Stadt sich bis jetzt erfolgreich gegen einen Um- oder Neubau der Hermann-Gerland-Kampfbahn wehrt.

emg74 am Mo., 09.11.2009 - 10:38

veränderungen sind ja erstmal nie schlecht, auch nicht für untergiesing. zt bäckerei kann ich nur sagen: mich wundert es nicht, dass die zu macht, denn außer den kuchen (die sauteuer sind) ist der rest der backwaren echt nicht der brüller, die verkäuferinnen nicht wirklich freundlich und die inneneinrichtng von 1960... also alles nicht mehr zeitgemäß. das gleiche gilt wohl auch für die burg pilgersheim. was neues muss nicht immer gleich schlecht sein. und hip wird untergiesing eh nicht.

frank am Mo., 09.11.2009 - 14:44

...das glaub ich auch nicht, dass untergiesing hip wird. ein großer unterschied zu haidhausen oder dem westend bspw. ist doch schonmal die bausubstanz. in u-giesing stehen nunmal keine runtergekommenen altbau-buden, die man schick sanieren könnte. und welcher hipster will denn im 60er-jahre-block in kleinsten wohnungen hausen?

BUNDESPOPEL am Di., 10.11.2009 - 02:39

Tja, die Herren Vorkommentatoren haben bereits viele Aspekte erörtert.

Ich war immer gern in Untergiesing, die Burg und der Petermeier waren oft Ziel, wenn ich daselbst durch die Straßen und Gassen strawanzte. Ob das, was jetzt kommt, auch ein Ziel sein kann, wird sich weisen müssen.

Aber, die Augen sind mir zunächst schon mal feucht. Gute "alte Zeit".

Peter am Di., 10.11.2009 - 10:53

@emg74:

ich stimme dir zu, neu nicht gleich schlecht. logo. aber die burg pilgersheim war zu recht über u-giesing hinaus bekannt und beliebt. gutes essen und sehr nette bedienungen! ungewöhnlich für münchen... :-) aber als "hip" hat man sie nicht bezeichnen können. muss ja auch nicht.

*seufz*

giggal am Do., 12.11.2009 - 15:45

Über Geschmack läßt sich ja bekanntlich streiten. Ich finde,
bei Petermeier gibts gaaanz leckere Backwaren. Und ich werde auch immer supernett bedient. Von den Plätzchen zum Probieren mal ganz abgesehen. Mir tut es leid, wenn sie nicht mehr da
sind. Wieder ein Stück Untergiesing weniger.

rebuh am Fr., 21.05.2010 - 12:28

Bäckerei Petermeier
Dann waren halt die Kuchen sauteuer, na und,
dafür waren sie saugut.
Die Semmeln waren nicht nur aufgewärmt, wie
ein paar Meter weiter in der Pilgersheimerstr.,
sondern frisch.
Jetzt kannste sehen, wo du frische Brötchen bekommst
emg74

Beduine am Di., 29.06.2010 - 09:02

Es gibt noch eine kleine Filiale der Bäckerei Petermeier in der Bruderhofstraße 31 im Brudermühlviertel. Eine nette Bedienung und wie gut die Backwaren sind, wissen ja alle.

Zum Thema Yuppisierung: Ich finde hier die Stadtpolitik asozial hoch zenh und eine Schande für einen Sozialdemokraten. Bei einem FDP-Raffke wundert einen ja nichts, aber hier ist es eine Schande.

@ Stefan: Genau so ist es!!! Geht man beispielsweise durch die Hohenzollernstraße, findet man kaum noch reine Wohnhäuser, überall haben sich Agenturen, Anwälte oder nichtsnütztige Beratungsfuzzis eingenistet.

Aktionsgruppe … am Sa., 18.09.2010 - 17:16

HALLO,

es geht hier nicht um Geschmäcker oder das alles neue schlecht ist, sondern: Wird ein Viertel zum Inviertel- und das passiert gerade mit Untergiesing- dann haben Immobilienfirmen Interessa daran, kaufen Häuser, lassen luxussanieren und schon steigt die Miete! Und du, oder dein Nachbar kann sich das auf dauer nicht leisten...
... das nennt man Gentrifizierung!
...und die kommt nicht sofort...sondern sehr schleichend...und wenn Sie mal da ist kann man nix mehr tun... also muss man präventiv arbeiten!
wem es an Bsp. für den Wandel fehlt: Infos gibts unter dieser Adresse: aktionsgruppe.untergiesing@googlemail.com

grüße
max

Peter Irmstein am Di., 23.11.2010 - 12:59

Ich hatte immer meine Ruhe in der Hans-Mielich-Str. Die Miete war in Ordnung, dafür haben aber auch viele Mieter ihre Heizung, Fußboden oder sonstiges selbst privat eingebaut. Auf einmal die große Überraschung gleich nach Sylvester 2010, dass unser alter Vermieter den ganzen Komplex an jemand Anderen verkauft hat.
Sofort mußte ich den Dachboden ausräumen und hatte weniger Platz. Und die Frist war noch nicht einmal abgelaufen, da kam schon der nächste Horrorbrief - MIETE erhöht sich um über 100 Euro. Ich hatte nur einen Gedanken, dass ich schnell ausziehe, doch dann erhöhten sich auf einmal alle Wohnungen in Untergiesing. Wohne fast 15 Jahre hier und der Vermieter hat sich niemals um den Erhalt der Wohnung gekümmert. Aber auf einmal richten Sie sich alle nach den Quadratmeterpreisen vom Mietspiegel, ganz gleichgültig ob ich keine Heizung im Wohnzimmer habe, hauptsache die Miete wird immer schön erhöht. Ich fühle mich schon als Gentrifizierungsopfer.

Michael Degler am Di., 22.02.2011 - 12:04

Bin in Giesing aufgewachsen Jahrgang 1946. Habe Pilgersheimerstr.45 gewohnt, dann 58 und am Schluß Brudermühlstr.3. Wohne jetzt in Miesbach weil mir München zu teuer wurde. Ich war bis zu meiner Rente Arbeiter.
Habe heute den Artikel in der AZ gelesen. Diese "Gentrifizierung" habe ich schon im Westend und vor allem in Haidhausen erleben können. Auch das Glockenbach Viertel war mal ein "Glasscherbenviertel". Die erste Szene-Kneipe ist meiner Meinung nach der "Brandner Kaspar" von Dagmar Brandner. Ein hippes Viertel ist auch ein kaltes Viertel aber ich bin ja ein altmodischer Spießer.