Aufruhr in der CSU

Der Mythos Strauß beginnt zu bröckeln

Ein waschechter CSU-Skandal: Sozialministerin Christine Haderthauer äußert Zweifel an der Vorbildfunktion von Franz Josef Strauß. Der Ministerpräsident ist außer sich!
Das waren noch Zeiten: Die Ära Franz Josef (Foto: muenchenblogger)
Das waren noch Zeiten: Die Ära Franz Josef (Foto: muenchenblogger)

Schon das Lob kommt eigentlich einer Provokation gleich. "Superinteressant, imponierend und faszinierend" sei Franz Josef Strauß gewesen, sagte Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer im Interview mit einem Ingolstädter Radiosender.

Superinteressant? Derart flapsige Formulierungen würde man doch eher bei Claudia Roth vermuten als bei einer gestandenen CSU-Parteisoldatin. Doch es kam noch schlimmer: Als politisches Vorbild sei Strauß allerdings nur mit Einschränkungen zu betrachten: "Da gab’s dann doch viele Dinge, die ich jetzt vielleicht anderen nicht zur Nachahmung empfehlen würde", gab Haderthauer zu Protokoll.

Mit dieser Aussage hat die Sozialministerin ein politisches Erdbeben in der CSU ausgelöst, denn der Strauß-Mythos hat spätestens seit Horst Seehofers Amtsantritt als Ministerpräsident wieder Hochkultur. Seehofer soll am Sonntag gar mit dem Gedanken gespielt haben, Haderthauer für diesen Frevel gegenüber dem CSU-Übervater aus dem Kabinett zu schmeißen.

Jedes CSU-Mitglied, das etwas auf sich hält, besitzt schließlich mindestens eine FJS-Autogrammkarte des ehemaligen Landesvaters - und zwar mit originaler Unterschrift (keine gedruckte!). Und seit dem Wahldebakel vom letzten Jahr wird die goldene Ära Strauß noch häufiger aus der politischen Mottenkiste geholt, als dies vorher eh schon der Fall war.

Also nochmal: Strauß kein Vorbild? Das ist nun wirklich eine Unverschämtheit, wir erinnern:

1958 ließ Franz Josef Strauß die Bundeswehr mit dem weitgehend ungetesteten Abfangjäger Starfighter F 104 ausstatten. 292 davon stürzten ab, 115 Piloten starben. Mit Sicherheit ein Vorbild für jeden angehenden Verteidigungsminister.

1962 werden Spiegel-Herausgeber Rudolf Augstein und Mitarbeiter wegen angeblichem Landesverrat verhaftet, Augstein sitzt 103 Tage in Untersuchungshaft. Strauß lügt im Bundestag und mimt zunächst den Unschuldsengel, hatte die Aktion aber massiv vorangetrieben, wie sich später herausstellte. Auch hier gilt: Die Spiegel-Affäre sollte ein Vorbild für jeden Politker im richtigen Umgang mit der Pressefreiheit sein.

Aber das sind natürlich nur ein paar Glanzlichter aus der politischen Karriere von Franz Josef Strauß, für die restlichen Schweiner..., äh Musterbeispiele politischer Integrität fehlt hier leider der Platz. Für weitere Auskünfte wende man sich deshalb bitte direkt an die CSU-Parteizentrale.

Kommentare

watzmann am Do., 30.04.2009 - 14:01

Zumindest ist der Erfindungsreichtum der CSU vorbildlich, mit welchen Verboten man die Bevölkerung noch ärgern kann. Rauchverbot, Nacktbadeverbot, Hundeverbot und jetzt das World of Warcraft Verbot. Man darf gespannt sein, was noch alles aus der Schublade gezogen wird.