Lou Reed auf dem Tollwood

Eine Stimme, die alles sagt

Auch wenn er kurz vor Anpfiff fertig sein musste und die Zelt-Akustik der Musikarena auf dem Tollwood bekanntlich nicht die beste ist: Lou Reed gelang am frühen Sonntagabend ein beeindruckendes Konzert mit Hits "from VU to Lulu".
Eine Stimme, die alles sagt

Die Szenerie ist perfekt für ein Konzert von Lou Reed. Nach einem heißen Sommerwochenende entlädt sich pünktlich zum Auftritt des New Yorkers der Himmel, es regnet, dicke Wolken hängen über dem Tollwood-Festival, der Boden ist matschig. Nur eines ist dann doch etwas arg unpassend: Konzertbeginn um 18.30 Uhr - damit der letzte Akkord rechtzeitig vor Beginn des EM-Finales verklungen ist. Das soll Rock’n’Roll sein?

Ist es. 70 Jahre ist Lou Reed mittlerweile alt. Doch seiner Stimme hört man dies nicht an. Diese Stimme! Die Traurigkeit der ganzen Welt! Diese Zärtlichkeit! Diese Dunkelheit! Diese Kraft! Und so reißt Lou Reed das Konzert heraus, das eigentlich zum Scheitern verurteilt war.

Ein Zelt ist einfach kein besonders toller Ort für Konzerte. Die Musik scheppert oft, der Klang verschwimmt manchmal zu einem Brei. Wie schön wäre das Konzert erst in einer richtigen Halle geworden.

Doch Lou Reed macht dieses Manko fast ganz wett. Beinahe zwei Stunden spielt er (bis fünf Minuten vor Anpfiff) und präsentiert Lieder von VU bis Lulu. Also von seinen Anfängen in den sechziger Jahren mit Velvet Underground bis zum Album „Lulu“, das er im vergangenen Jahr mit Metallica herausgebracht hat. Von Hits wie „Heroine“, „I’m Waiting for the Man“ oder „Sad Song“ bis zu den ein wenig verstörenden, neuen Songs von "Lulu", dem aktuellen Album, dass Lou Reed zusammen mit Metallica eingespielt hat.

Dann ist das Konzert aus. Der Himmel ist wieder heller. Nach wenigen Minuten jubeln die spanischen Fans.

Kommentare

Christina am Mo., 02.07.2012 - 18:20

Wir wollten schon umkehren. Wetter, dann Stehen-müssen, Spät-gekommen, hinten schlechte Sicht usw. Gott sei Dank sind wir geblieben. Es war grandios. Um uns herum Lou-Reed-Typen in allen Altersstufen: Wuschelkopf, Diskutierbrille, Magenfalten um den Mund. Aber alle nett, still, viele rochen frisch geduscht. Und der Typ vorn lässt die alten Stones wirken wie Karikaturen. Er ist echt. Klar-auch gealtert, aber in Würde. In Rock'n Roll-Montur keine Sekunde peinlich. Und die Songs! Ich war vorher kein Fan, jetzt bin ich einer. Die Dinger geben einem irgendwie die Würde wieder. Es ist tatsächlich völlig in Ordnung, traurig, angegriffen oder sonst was zu sein. Alle sind hinterher freier. Danke, Lou. Und 'München again' - er hat's versprochen.

dorfkramer am Fr., 06.07.2012 - 12:19

Ich erinnere an das legendäre Konzert im Deutschen Museum Saal 1989 und den LP-Klassiker "New York".

Sandra am Sa., 07.07.2012 - 12:38

Dorfkramer, du bist so toll: schaust auf die Isar herab, gehst auf super Konzerte, warst schon in Hongkong, kennst hier jeden in München - und die du nicht kennst muss man auch nicht kennen - und außerdem weißt einfach politisch wo der Hammer hängt. Bist du noch frei? Kann ich dich nicht mal kennenlernen?

Wurzelsepp am Sa., 07.07.2012 - 13:16

Ich finde Dich auch süß, dorfkramer! Du hast zu allem eine Meinung, bist so weltoffen und urban - ich muss Dich kennenlernen!