Theater der Leere
Eine Recherche, viele Fragen und schließlich ein ehemaliger Staatstheaterschauspieler im Ritterkostüm, vergessen im abgeschlossenen Requisitenschrank eines leeren Hauses. Am Donnerstag um 20:30 Uhr feiert das Theater der Leere in Pathos Premiere. muenchenblogger hat mit Katrin Dollinger gesprochen, die das "Theater der Leere" gemeinsam mit Kai Schmidt entwickelt hat und dafür ein Förderstipendium der Stadt München bekommen hatte.
Ein Theater der Leere - was ist das und was wollt ihr damit bezwecken?
Katrin Dollinger: Ganz am Anfang war das "Theater der Leere" eine politische Vorstellung: wie das ist, wenn in all den einwohnerschwachen Randzonen plötzlich die Stadttheater leer stehen, weil sich die Kommunen den Spielbetrieb nicht mehr leisten können. Abreißen geht ja schlecht, weil diese Gebäude oft unter Denkmalschutz stehen.
Das war für uns der Anlass uns mit der Leere zu beschäftigen und mit der Frage, was an ihre Stelle treten könnte. Das war die erste Überlegung, als wir noch davon ausgehen konnten, ein wirklich sinnvolles Kunstwerk zu schaffen.
Das Stück dreht sich um Calvin Schmidt. Wie seid ihr auf ihn gestoßen?
Das Eigentümliche an der Leere ist, dass man ganz unweigerlich auf sich selbst zurückgeworfen wird, wenn man sich mit ihr beschäftigt. Da tut sich eine gewisse Orientierungslosigkeit auf und so ein Ohnmachtgefühl gegenüber der Welt wie sie ist und der Vorstellung davon, wie sie sein sollte.
Calvin Schmidt ist die Figur, die das transportiert. Ein Amalgam aus dem, was wir als Autoren erleben und der Realität eines Schauspielers, der nach vielen Jahren im Festengagement einen Neubeginn wagt. Im Grunde ist das dann gar nicht mehr so sehr aufs Theater bezogen. Calvin Schmidt könnte genauso gut ein Angestellter bei Siemens oder Nokia sein, der nach jahrzehntelanger Betriebszugehörigkeit plötzlich die Kündigung auf den Tisch bekommt und lernen muss, mit der Leere, die sich da plötzlich vor ihm auftut umzugehen.
Was muss sich am Theater ändern, damit es eines Tages nicht wirklich leer ist, da keine jungen Zuschauer nachkommen?
Ich glaube, dass das Theater als Kunstform starke Vermittlungsstrategien braucht. Es ist doch so: Die Gelegenheiten, in denen es darum geht, vertraute Blickwinkel gegen neue Perspektiven einzutauschen, Wahrnehmung zu hinterfragen oder die Möglichkeit von Realität in der permanenten Vermischung von Fiktivem und Realem zu überprüfen sind für die meisten Menschen im Alltag nicht gerade breit gesät. Aber genau das ist Theater und die Fähigkeit Inszenierungsstrategien zu durchschauen wird immer wichtiger. Das zeigt sich im Dialog zwischen Wirtschaft und Politik. Theater ist Kunst. Seine Sprache und seine Codes kann man lernen.
Den Theatermachern ist das durchaus bewusst, dass sie junges Publikum ansprechen müssen. Es gibt kaum noch ein festes Haus ohne Theaterpädagogen. Die Frage ist, ob man nicht diese Traumatisierungserlebnisse durch die obligatorischen Klassikerbesuche vermeiden kann, indem man den Lehrern nur noch Stücke vorschlägt, die tatsächlich etwas mit der Realität der Jugendlichen zu tun haben. Oder den Jugendlichen selbst die Möglichkeit gibt, zu spielen. Damit hat es bei den meisten, die heute noch Theater machen, ja auch angefangen.
Theater der Leere
Konzept, Text, Einrichtung: Katrin Dollinger, Kai Schmidt
Spiel: Marcus Calvin, Susanne Schroeder
Live-Musik, Arrangement: Michael Emanuel Bauer
Licht: Tom Friedl
Bauten: Jörg Besser
Schwere Reiter, Dachauer Straße 114, 80636 München
Vorstellungen: Do 16., Fr 17., Sa 18. Februar 2012, immer 20.30 Uhr
Eintritt: 15 Euro, ermäßigt 10 Euro
Kartentelefon: 0152/ 05435609
Online: www.pathosmuenchen.de/tickets/