Kino: "Ludwig II."

Ludwig und die Verwirrung der Gefühle

Im Kino ist derzeit der Film "Ludwig II." von Peter Sehr und Marie Noelle zu sehen - und der ist eindrucksvoll. Sabin Tambrea verkörpert den modernen Anithelden perfekt: smart, empfindsam, musisch und pazifistisch.

"Ich bin nicht Lola Montez. Wegen mir brauchst du nicht zurücktreten!" sagt Richard Wagner zum jungen König Ludwig, der von ihm und seiner Musik wie narkotisiert ist, und versucht ihn, auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen. Doch das ist nicht so einfach, denn Ludwig ist ein Schwärmer und Kunstfanatiker, der die Realität nur als störend empfindet.

Sabin Tambrea verkörpert den sensiblen Märchenkönig in dem Film "Ludwig II.", der derzeit im Kino läuft, besser als jeder Schauspieler zuvor: fast feminin und zart, empfindsam, musisch und pazifistisch: das absolute Gegenteil eines bayerischen Kraftprotzes.

Ludwig wird mit 18 Jahren nach dem Tod seines strengen Vaters König von Bayern. Sehr beeindruckend ist bereits die Anfangsszene, als Ludwig mit dem toten Vater allein sein will und sich wie ein kleines Kind neben ihn legt. Sein Leben lang wird er die Liebe von Männern suchen, zunächst in platonischer Weise die des älteren Richard Wagner und dann die seines schönen und sehr gebildeten Stallmeisters.

Der Film entführt den Zuschauer in eine wahre Märchenwelt: die romantischen Schlösser in traumhaften Landschaften, ganz tolle Kostüme und überragende Schauspieler, wie Sabin Tambrea, aber auch Edgar Selge als Richard Wagner, ein genialer Musiker, jedoch ein politisch aufmüpfiger Wirrkopf, äußerlich eher unattraktiv und kleinkariert. Sisi, die einzige Frau, zu der sich Ludwig wohl hingezogen fühlte, die aber schon an den betagten Kaiser von Österreich vergeben war, wird von Hannah Herzsprung sehr überzeugend verkörpert.

Es gelingt dem Regisseur, den großen Bogen von Ludwigs Krönung bis zu seinem Tod im Starnberger See zu spannen, und eine etwas lächerliche Rolle bekommt der Psychiater Dr. von Gudden. Er ist von seiner Menschenkenntnis so überzeugt, dass er sich von Ludwig leicht übertölpeln lässt.

Ludwig II., ein moderner Antiheld, dem das Leben zu kompliziert ist, der für vieles empfänglich und offen ist, sich aber für keine Richtung entscheiden kann außer vielleicht für den Tod.

Kommentare

Karin Zick - G… am Fr., 01.02.2013 - 22:49

Der neue Ludwig-Film wird sich an dem Meisterwerk von Visconti (1972) mit Helmut Berger in der Titelrolle messen müssen. Da bestehen schon mal ernsthafte Zweifel, ob Tambrea unseren Kini "besser als jeder Schauspieler zuvor" verkörpern wird. Helmut Berger ist in der - ihm offensichtlich nicht auf, sondern in den Leib geschriebenen - Rolle bekanntermaßn derart aufgegangen, daß er Monate danach nicht wieder auf den Boden kam. Zudem konnte sich Ludwig II sehr wohl - entgegen der Ansicht im Artikel - für eine Richtung ganz explizit entscheiden, nämlich der des absoluten Herrschers und des Einsiedlers mit Abbruch aller Kontakte in die "normale" Welt, weil diese ihm Dinge abverlangte, die seiner Welt- und Selbstsicht konträr waren. Ein "Aussteiger", würde man heute sagen.
Hinzu kam seine homosexuelle Neigung, die ihn als gläubigen Katholik und angesichts der zu seiner Zeit herrschenden Sexualmoral in ungeheuere Gewissenskonflite und Krisen brachte. Sicher kann man Ludwig II. aus heutiger psychiatrischer Sicht mancherlei Diagnosen bescheinigen. Aber wäre er nicht der gewesen, der er war, hätte das Bundesland Bayern fundamentale und gewinnbringende Touristenattraktionen weniger. Und beim Bau von Schloß Neuschwanstein kam allerneueste Technik zum Einsatz. Ludwig II. war also nicht nur ein Träumer. Auch Realpolitiker, indem er die Folgen von Bismarcks Plan eines Deutschen Reichs unter preußischer Vormachtstellung für Bayern deutlich sah. Den Ausschlag unter Ludwigs Unterschrift gab Bismarcks Bestechung mit richtig Kohle - nichts Neues, wie man weiß.
Und Richard Wagner war mitnichten ein Wirrkopf. Er wußte genau, was er wollte und brauchte - mit gewaltigen Schulden am Hals - schlicht einen idealistischen Geldgeber. Den hat er in Ludwig II. gefunden und ausgenommen wie eine Melkkuh. Wagner war ein Nassauer und ein verdammt guter PR-Mann seiner selbst. Das auf jeden Fall hatte er Ludwig II. voraus.