Castorf am Residenztheater

Svejk meets Mutter Courage

Der wilde Regiewolf Frank Castorf inzeniert am Residenztheater den braven und guten Soldaten Schwejk - und bewegt das Publikum.

Frank Castorf hatte hier mit der Reise ans Ende der Nacht (2013) und dem vom Intendanten urheberrechtlich desorganisierten (Baal 2015) zuletzt nur eingeschränkte Erfolge. Der wilde Regiewolf hat sich wohl daher die Heinz-Rühmann-Maske aufgesetzt und ist mit Haseks Schweijk vorstellig geworden, allerdings ist der Schafspelz beim zunächst kein Unheil ahnenden Publikum schnell verrutscht. Immerhin sind hier wenigstens urheberrechtliche Ansprüche der Erben verjährt.

Dem Zuschauer wird selten so viel beeindruckendes Theater fürs Geld geboten. Allerdings sind in der Premiere am 8.4. die Hälfte, bei der zweiten Aufführung trotz pushender Kritik der SZ zwei Drittel der Zuschauer in der Pause gegangen und haben die Subventionen versemmelt (in Bayreuth bleibt man bei Castorf dann doch sitzen). Es fehlte am Sitzfleisch, Zappermentalität nahm wohl Konzentration, vor allem aber war man enttäuscht, das Original nicht erkennen zu können. Denn Castorf als Neoautor hat Abläufe, Begriffe, Personen, Geschlechter und Bilder nach eigenem Belieben bunt gemixt und aus den so verquirlten nur Fetzen etwas Eigenes gemacht, im Ergebnis aber weniger lehrhaft als Brecht oder Hasek selbst. Der von ihm ausdrücklich angesprochene psychoanalytische Ansatz trägt nicht, kurz: Hasek konnte es in Stimmung, Satire und Witz viel besser.

Was allerdings bleibt ist tolles Theater, in der Atmosphäre stimmig, unentwegt dynamisch und von allerhöchster Schauspielkunst. Es war von Anfang bis zum langen Ende spannend und bewegend, Luxus im Kulturbetrieb. Nach der Pause stützten attraktive Frauen und schönste Liedkunst. Da stört es nicht, dass Castorfs Regiemethode und Bühnendarstellung nunmehr bei Wiederholungen doch in den Verdacht einer Masche gerät.

Die Verbliebenen gaben starken Beifall, umgekehrt applaudierten auch die Schauspieler den noch verbliebenen Zuschauern.

Sehr empfehlenswerte weitere Aufführungen mit reichhaltigem Kartenangebot am 23., 24. April, 5,. 7. Mai usw.

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