Beschränkter Spaß mit Tupfer - "Die Aufschneider" von und mit Carsten Strauch

Diese Ärzte kennen keine Grenzen - fürwahr - in Carsten Strauchs Komödie "Die Aufschneider" dreht sich alles um Tupfer, Triebe und Tränendrüsen.

Hinter der Backsteinfassade der Eichwaldklinik kullern die Tränen. Das behagliche Krankenhaus soll sich gegen das Hightech Hospital St. Georg behaupten. Andernfalls droht die sofortige Schließung. Die süße Schwester Silvia (Cosma Shiva Hagen) ist fassungslos. Doch ihre verständnisvollen Kollegen Steffen (Carsten Strauch) und Klaus (Rainer Ewerrien) basteln schon an einem Plan. Die Eichwaldklinik soll eine Wellnessklinik werden. Frei nach dem Motto "genesen wie im Urlaub".

Die Aufschneider Kino

Um den dubiosen Plan von der Wohlfühlklinik in die Tat umzusetzen holt Professor Keller (Burghardt Klaußner) seinen Schwager Wolfgang (Josef Ostendorf) mit an Bord. Doch leider entpuppt sich der vermeintliche Unternehmensberater als ehemaliger Animateur mit Referenzen aus einschlägigen iberischen Ferienclubs. Olé!

Dauerlächeln, Konfetti, künstliche Palmen und Speedy-Gonzalez-Dauerbeschallung wirbeln den angestaubten Krankenhausbetrieb auf. Und während sich die Kranken aller Kassen in der Eichwaldklinik zur fröhlichen Polonaise vereinigen - dämmern hinter der Glasfassade von St. Georg die unlukrativen Kassenpatienten in dürftigen Stockbetten vor sich hin.

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Carsten Strauchs Film "Die Aufschneider" lebt von diesem krassen Gegensatz zwischen beschaulichem Ärztesumpf auf der einen der unmenschlichen Patientenabfertigungsanlage auf der anderen Seite. Denn in St. Georg ist die kapitalistische Botschaft des freien Marktes schon längst an den Krankenbetten angekommen.

Christoph Maria Herbst spielt den fiesen Professor Radwanski. Ein Typ so aalglatt wie seine Glanze. So falsch wie das weiße Strahlelächeln seiner künstlichen Zahnreihen. Seine Patienten sind Kunden, seine Heilmethoden sind Leistungen und wenn ein Prüfungskommissar mit Leberzyrrhose ihn um eine jungfräuliche Leber bittet, schreckt der Mediziner auch nicht vor Organklau zurück.

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Zweifellos der Film hat alles, was ein Kassenschlager braucht: Kalauer und Klischees. Die stecken vor allem in den rührigen Figuren: dem verständnisvollen Softie Steffen, der im Stillen Schwester Silvia anschwärmt , dem selbstherrlichen Macho Klaus und im gutmütigen Chefarzt Professor Keller mit dem selbstgewebten Wandteppich im Büro.

Korrupte Mediziner, entführte Patienten, Nacht- und Nebel-Transplantationen, das hätte eine herrlich düstere Satire über den maroden Zustand des deutschen Gesundheitswesens werden können. Doch Carsten Strauch und Rainer Ewerien, der erste hat die Regie - und beide gemeinsam das Drehbuch zu verantworten - ja und mitspielen tun sie auch! - haben sich von allem ein bisschen zuviel vorgenommen.

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Nach einer guten halben Stunde verirrt sich das Drehbuch in einer Mischung aus plattem Ärzteklamauk und langatmigem Vorabendkrimi. Man darf sich fragen, ob es die hölzerne Lovestory zwischen Krankenschwester Silvia und Dr. Wesemann, als sülzigen Rahmen für die bittere Krankenhaussatire wirklich braucht. Ja, doch - sonst hätte Cosma Shiva Hagen - als kulleräugige Krankenschwester außer Tupfer-Reichen ja gar keine andere Funktion.

Dort wo die Handlung nicht überzeugt, bleibt auch der Humor auf der Strecke, daran können auch die hervorragenden schauspielerischen Leistungen nichts ändern. Auch Burghart Klaußner als verschrobener Klinikchef Keller und Christoph Maria Herbst als skrupelloser Radwanski heben "Die Aufschneider" nicht über das Niveau eines netten Fernsehabends hinaus. Beschränkter Spaß in 90 Minuten.

Die Aufschneider. Regie: Carsten Strauch. Drehbuch: Rainer Ewerrien, Carsten Strauch, Nina Werth. Mit: Carsten Strauch (Dr. Steffen Wesemann), Rainer Ewerrien (Dr. Klaus Kunze), Cosma Shiva Hagen (Sylvia Göbel), Christoph Maria Herbst (Prof. Reinhold Radwanski), Burghart Klaußner (Prof. Udo Keller), Stipe Erceg (Dr. Frank Norbert Stein), u.a. Filmstart: 8. Februar 2007.

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